Baierbrunn:Nur mal kurz den Wald retten

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Elke Rackow ist eine der Freiwilligen, die unter Anleitung der Fachleute beim Waldumbau im Forstenrieder Park mithelfen. (Foto: Claus Schunk)

Etwa 80 Freiwillige aus ganz Deutschland pflanzen bei einer Aktion des Vereins "Bergwaldprojekt" Laubbäume, um den Forstenrieder Park gegen den Klimawandel zu wappnen.

Von Michael Morosow, Baierbrunn

Die vielen Dutzend Frauen, Männer und Kinder, die sich am Samstagmorgen im Revier Unterdill im Forstenrieder Park zwischen Fichten und Tannen tummeln, wollen nicht in erster Linie frische Waldluft schnuppern. Sie möchten ihren Beitrag dazu leisten, dass auch kommende Generationen das anregende Aroma des Waldes genießen können. Gelebter Umweltschutz, dafür sind sie aus ganz Deutschland angereist, mit Handschuhen und Spaten im Gepäck. Nur mal kurz den Wald retten, so lässt sich ihr Tagesplan beschreiben. Vor ihnen mehr als hundert Plastikboxen, in jeder 24 Setzlinge von Rotbuchen, also Bäume mit Zukunft im Gegensatz zu den Fichtenreinbeständen, denen über kurz oder lang Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer, unverkennbar Zeugnisse klimatischer Veränderungen, den Garaus machen werden.

Sechs Stunden später stehen 2500 Bäumchen auf einer 4000 Quadratmeter großen Fläche in der Vertikalen, zur Zufriedenheit der jetzt ebenso müden wie stolzen Waldretter. Zur Freude auch von Revierleiter Andreas Wallner von den Bayerischen Staatsforsten und von Projektleiter Peter Naumann vom Verein "Bergwaldprojekt" mit Sitz in Würzburg, der deutschlandweit Freiwilligen-Einsätze mit jährlich circa 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an mehr als 70 Einsatzorten organisiert. Das Revier Unterdill ist Naumann bereits vertraut, hier hilft das Bergwaldprojekt schon seit Jahren beim ökologischen Waldumbau, ersetzt die labilen Fichtenaltbestände nach und nach durch Weißtanne, Buche, Eiche, Hainbuche, Linde und Elsbeere, bis ein klimastabiler und artenreicher Wald entstanden ist. 2019 hatten die freiwilligen Helfer im Rahmen ihres Bergwaldprojekts 1000 Winterlinden im Revier Unterdill in den Boden gesetzt.

Aus der vor 200 Jahren gepflanzten Fichtenmonokultur soll nach und nach ein Fichten-Laub-Mischwald entstehen. Damit verbesserten sich die Stabilität und Artenvielfalt, aber auch die Fähigkeit des Waldes, langfristig Wasser und Kohlenstoff zu speichern und Temperaturextreme auszugleichen, erklärt Projektleiter Naumann regelmäßig den freiwilligen Helfern bei solchen Aktionen. Naumann freut sich über eine massiv steigende Nachfrage nach solchen Projekten, "weil die Menschen merken, dass sie selber etwas für den Umweltschutz tun können", wie er sagt. Entweder indem sie selbst zum Spaten oder indem sie dem Bergwaldprojekt finanziell unter die Arme greifen.

Um 9 Uhr am Morgen gibt es erst einmal Kaffee zur Begrüßung der freiwilligen Helfer, die dann von Naumann und Revierleiter Wallner in Gruppen eingeteilt und in ihre Arbeit eingewiesen werden. "Was wann und wie gemacht wird, das ist schon eine logistische Herausforderung", sagt Andreas Wallner. Die Pflanzungen seien technisch gar nicht so einfach, erklärt Peter Naumann, das Pflanzloch müsse ausreichend groß und tief sein, damit die Wurzelballen der bis zu 50 Zentimeter hohen Topfpflanzen komplett im Erdreich verschwinden. "Die Leute waren total motiviert und interessiert", freute sich der Revierleiter am dem Ende des Aktionstages. Besonders angetan war er, dass neben den "alten Haudegen" auch einige Jugendliche und sogar zwei Kinder zum Pflanzteam gehörten. Die freiwilligen Helfer bekamen von ihm und von Projektleiter Naumann während ihres Einsatzes immer wieder auch Nachhilfe in Wald- und Forstwirtschaft und deren Bedeutung für das Klima.

Eigentlich hätten mindestens hundert dem Aufruf des Vereins "Bergwaldprojekt" am Samstag folgen wollen. Dass es am Ende nur 80 waren, lag nicht am unfreundlichen Wetter, sondern an der sich zuspitzenden Corona-Lage. Aus diesem Grund habe man alles ein wenig umkrempeln müssen, erklärt Wallner. Denn ursprünglich hätten mehr als 2500 Bäume in die Erde gebracht werden sollen, waren doch 7000 Rotbuchen-Setzlinge und 500 Weißtannen zu à zwei Euro Anschaffungspreis durch Spenden von Unternehmen und Privatpersonen finanziert worden, wie sich auch der gesamte Verein größtenteils aus Spenden finanziert. Die restlichen 5000 Bäume werden demnächst nachgepflanzt, allerdings nicht von freiwilligen Helfern des Vereins, weil dieser wegen Corona vorerst keine Aktionen mehr ausruft. Das werde ein vom Bergwaldprojekt beauftragter Unternehmer machen müssen, erklärt Wallner.

© SZ vom 23.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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