Bad Tölz:Jugendhilfe wird immer teurer

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Die Ausgaben für die Jugendhilfe steigen im Landkreis in diesem Jahr auf voraussichtlich 7.3 Millionen Euro. Senken lassen sich die Kosten offenbar nur auf einem Weg.

Klaus Schieder

Der Landkreis wird weiter mit hohen Ausgaben für die Jugendhilfe rechnen müssen. "Es gibt wenig Hoffnung, die Kosten zu senken", sagte Ulrich Reiner, der Leiter des Amtes für Jugend und Familie, am Dienstag in der Dienstbesprechung der Bürgermeister aus dem Landkreis in Bad Tölz. 7,37 Millionen Euro sind in diesem Jahr als Planausgaben veranschlagt, 1997 hatte der Landkreis noch 3,27 Millionen ausgegeben. "Wir können maximal eine Kosteneindämmung erreichen", sagte Reiner. Das Instrument dafür sehen der Amtsleiter und Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) in der sogenannten "sozialraumorientierten Jugendhilfe", die vor allem auf Prävention setzt.

Bis zu 7,3 Millionen Euro wird der Landkreis in diesem Jahr voraussichtich für die Jugendhilfe ausgeben. (Foto: ag.ddp)

Wolfratshausen, Egling, Eurasburg, Münsing und Icking setzen bereits auf dieses Konzept, das die Familien und die Kinder stärker in den Mittelpunkt rückt. Außerdem soll sich die Hilfe genauer an ihrer Lebenswelt orientieren. Im "Sozialraum Nord", zu dem sich die fünf Kommunen zusammengeschlossen haben, gibt es laut Reiner erste Erfolge. Die Kosten für die Heimunterbringung betrugen dort in den vergangenen drei Jahren im Durchschnitt etwa 820000 Euro. Zum Vergleich: In Geretsried waren es 1,23 Millionen Euro. Die Differenz von 400000 Euro könne man "reinvestieren in die Prävention in den Gemeinden", sagte Reiner. Geretsrieds Bürgermeisterin Cornelia Irmer mochte diese Zahlen so nicht stehen lassen. Sozialräume seien nicht so vergleichbar wie Kosten, sagte sie. Die Stadt Geretsried habe viele Sozialwohnungen und "bekommt viele Sozialfälle zugewiesen".

Auch Irmer sieht in der Prävention den "richtigen Ansatz", doch fragte sie, wann genau mit dieser Arbeit zu beginnen sei. Als Beispiel führte sie eine Familie mit sechs Kindern an, die in einer knapp 90 Quadratmeter großen Wohnung in Geretsried lebt. Sie sucht ein größeres Heim und hätte es auch bekommen, da die Baugenossenschaft zwei Wohnungen für sie zusammengelegt hätte. "Das wurde abgelehnt, weil die Gesamtfläche 157 Quadratmeter beträgt, der Familie stehen aber nur 150 zu", berichtete Irmer. Sie befürchtet, dass sich Probleme in der Familie nun langsam aufschaukeln werden. Bürgermeister Michael Grasl aus Münsing erzählte von "Problemkindern" in der ersten Klasse der Grundschule. Die Lehrerin sei überfordert, die Schulleiterin bekomme keine Hilfe, "Ehrenamtliche holen die Kinder aus der Klasse und beruhigen sie".

Das Jugendamt erfährt Helmut Patzak zufolge manchmal spät von einzelnen Fällen. Sonst könnte ambulante Hilfe früher einsetzen und "zielführender sein", sagte der Fachbereichsleiter im Amt für Jugend und Familie. Landrat Josef Niedermaier appellierte an die Bürgermeister: "Suchen Sie den Kontakt zu den Verantwortlichen im Jugendamt." Außerdem forderte er sie dazu auf, das Sozialraum-Konzept auf die Agenda in den Gemeinderäten zu setzen. Eine Kommune, die nicht von dieser Thematik betroffen sei, gebe es nicht, so Niedermaier. "Es geht nur, wenn wir gemeinsam etwas unternehmen." Für Amtsleiter Reiner haben die Kommunen auch einen Gewinn, wenn sie sich an dem Konzept beteiligen. Sie könnten zusätzliche Mittel für Präventionsprojekte bekommen, sagte er. Außerdem wirke es sich "positiv auf die Entwicklung der Kreisumlage" aus, wenn die Kosten für die Jugendhilfe einigermaßen konstant blieben.

© SZ vom 28.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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