Autobahnkreuz München-West:Stillstand im Westen

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Die A99 soll den Verkehr aus der Stadt abziehen: Das tut sie auch - doch nun kommt es auf der Autobahn immer häufiger zu Engpässen.

Marco Völklein

Mit voller Wucht war ein Lkw aus Nordrhein-Westfalen in eine Absperrung an der Eschenrieder Spange gekracht, die wegen der Bauarbeiten im Allacher Tunnel komplett gesperrt war. Der Fahrer erlitt zwar nur einen Schock, die Ladung Champignons allerdings verteilte sich auf der Fahrbahn. Über Stunden kam es zu massiven Behinderungen. Verzweifelte Pendler riefen aus dem Auto im Büro an und nahmen frei, weil sie sich den Stress ersparen wollten.

Ein gewohntes Bild für Pendler: Stau auf der A 99. (Foto: Claus Schunk)

Pendler aus dem Münchner Westen machen ohnehin die Erfahrung, dass es auf der A8 und der A99 rund um das Autobahnkreuz München-West immer enger wird. Derzeit wird die Situation noch verschärft, weil die Autobahndirektion Süd den Allacher Tunnel modernisiert. Bis zum 6. August ist zunächst in den Nachtstunden die südliche Röhre gesperrt, von da an bis zum 13.September trifft die nächtliche Sperre dann die Nordröhre. Aber auch wenn dort die Autos wieder normal fahren können - "der Verkehr auf den Autobahnen im Münchner Westen hat stark zugenommen", sagt Alexander Kreipl vom ADAC Südbayern.

So generell will die Autobahndirektion Süd diese Aussage allerdings nicht stehen lassen. "Es gibt eine Verkehrssteigerung in diesem Bereich", sagt Sprecherin Nadine Lewandowski. "Aber die gibt es aufgrund der generellen Zunahme des Verkehrs und nicht etwa aufgrund einer speziellen Situation im Münchner Westen." Die Autobahnverwaltung unterhält an verschiedenen Punkten im Streckennetz sogenannte Zählstellen, an denen sie den Verkehr regelmäßig messen kann. Wer sich die Zahlen ansieht, erkennt einige interessante Tendenzen.

So ist zum Beispiel der Verkehr auf der Eschenrieder Spange durch den Bau der A99-West zurückgegangen. 1999 fuhren dort im Durchschnitt 46000 Autos am Tag - bis zum Jahr 2005 wuchs diese Zahl auf 75000 an. Doch seit der Westabschnitt der A99 zwischen dem Kreuz München-West und dem Dreieck München-Südwest komplett befahrbar ist, sank die Zahl auf 52000 Fahrzeuge am Tag. "Hier ist also ein Rückgang zu verzeichnen", so Sprecherin Lewandowski.

110.000 Fahrzeuge an einem Durchschnittstag

Anders sieht es dagegen im Norden an der Anschlussstelle Ludwigsfeld aus. Dort nimmt der Verkehr stetig zu: 1999 passierten noch im Schnitt 71.000 Fahrzeuge die dortige Zählstelle, bis 2005 stieg diese Zahl auf 91000 an. Als im Jahr 2006 die A99-West komplett in Betrieb ging, wuchs die Belastung weiter auf 100000 Autos täglich, mittlerweile zählt die Autobahnverwaltung sogar 110.000 Fahrzeuge an einem Durchschnittstag. Hier macht sich der Bau des A99-Westrings bemerkbar: Er bringt mehr Verkehr auf die Autobahn.

Das war beim Bau auch gewollt, die A99-West sollte den Verkehr aus den kleineren Straßen im Münchner Westen auf den Autobahnring lenken. Dass dies gelungen ist, zeigte bereits eine Studie im Jahr 2007: "Im städtischen Netz hat die Fertigstellung der A99-West zu deutlichen Entlastungen geführt." So nahm der Verkehr auf der einstigen Nord-Süd-Verbindung von der A8 über die Pippinger Straße, Lortzingstraße, Bodenseestraße zur Planegger Straße bis zu 30 Prozent ab. Auf der Alten Allee in Pasing südlich der Bergsonstraße seien es sogar 50 Prozent weniger Fahrzeuge.

Das Problem ist nur, dass es auf den Autobahnen eben immer voller wird. "Insbesondere bei Störungen wie dem Unfall mit dem Champignon-LKW kollabieren die bereits sehr belasteten Abschnitte", sagt ADAC-Mann Kreipl. Aus seiner Sicht wird dieses Problem noch verschärft, weil der Autobahnring nicht komplett geschlossen ist. Im Südwesten der Landeshauptstadt fehlt ein Stück zwischen Gräfelfing und Taufkirchen. Naturschützer und die dortigen Gemeinden haben sich zuletzt massiv gegen den Bau einer solchen Autobahn gewehrt - mit Erfolg: Der Freistaat wird den Bau des sogenannten Südrings in nächster Zeit nicht weiterverfolgen. Die Wälder im Münchner Süden werden somit also auf absehbare Zeit nicht zerschnitten.

ADAC-Mann Kreipl argumentiert aber so: Wäre die Lücke im Südwesten geschlossen, könnte der Verkehr bei Störungen im Nordwesten des Rings eben auf diesen Abschnitt ausweichen. "Der Verkehr ließe sich so auf der Autobahn halten", sagt er. Denn Berechnungen hätten gezeigt: Fahren nur zehn Prozent bei einer Störung von der Autobahn ab und versuchen, sich über Land- und Ortsstraßen durchzuschlagen, "dann bricht auch dort der Verkehr zusammen", erklärt Kreipl. Das war etwa am vergangenen Montag der Fall, als auch die Bundes- und Landstraßen im Münchner Westen komplett überlastet waren.

© SZ vom 19.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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