Ausstellung:Knallbunt verspielt

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Man muss sich ab und zu schon länger mit den Werken Werner Berges' auseinandersetzen, um das Motiv optisch zu erfassen. Bei diesem Gemälde wird der Betrachter den schwungvoll gebogenen Frauenkörper aber wohl nicht mit den Umrissen einer Landkarte verwechseln. (Foto: Angelika Bardehle)

Die Brunnthaler Galerie Kersten zeigt Werke des 2017 verstorbenen Pop-Art-Künstlers Werner Berges. In seinen oft den weiblichen Körper feiernden Arbeiten war er weniger politisch als viele Zeitgenossen

Von Anna-Maria Salmen, Brunnthal

Wer kennt sie nicht, die großen amerikanischen Pop-Art-Künstler wie Andy Warhol oder Roy Lichtenstein? Knallbunte Farben, große Flächen und Verfremdung der abgebildeten Modelle sind Merkmale der Stilrichtung, die sich von den Sechzigerjahren an vor allem in den USA und in Europa verbreitet hat. Auch Deutschland brachte einige wichtige Pop-Art-Künstler hervor, einer der bekanntesten war Werner Berges. "Er ist leider vor allem in Süddeutschland eher noch im Hintergrund, nur wenige kennen ihn und seine Arbeiten. Nichtsdestotrotz ist er einer der ganz großen", sagt Holger Weinstock, Geschäftsführer der Brunnthaler Galerie Kersten.

Eine Ausstellung in der Galerie möchte den Besuchern nun das Werk von Berges näherbringen. Zu sehen ist ein breites Spektrum an Arbeiten, die der Künstler von den Siebzigerjahren bis kurz vor seinem Tod im Jahr 2017 angefertigt hatte. "Wir zeigen nicht nur verschiedene Drucktechniken und Leinwandbilder, sondern auch einige Skulpturen", sagt Weinstock. Insgesamt werden knapp 100 Werke von Berges ausgestellt, alle sind Kommissionsarbeiten, die auch verkauft werden dürfen. Ursprünglich wollte Berges sogar persönlich zur Vernissage kommen. "Wir hatten die Ausstellung sehr lange geplant, das war schon vor ungefähr zwei Jahren im Gespräch", sagt der Leiter der Galerie. Berges hätte seinen Besuch damals bereits angekündigt. Doch in der Zwischenzeit ist der Künstler verstorben, im Oktober 2017.

"Auch in unserer Münchner Galerie zeigen wir momentan mit Mel Ramos einen bekannten Pop-Art-Künstler. Wir wollten damit eine Gegenüberstellung der deutschen und der amerikanischen Pop-Art schaffen", erklärt Weinstock. "Uns hat es interessiert, dass beide Künstler sich seit den Sechzigerjahren mit der Pop-Art beschäftigt haben und sozusagen damit groß geworden sind." Denn Berges blieb in seiner gesamten Schaffenszeit konstant, verfolgte immer die gleichen Ideen und Elemente. "Man kann alte Bilder neben ganz aktuelle setzen und erkennt stilistisch oft keinen Unterschied", sagt Weinstock. Berges studierte zunächst Gebrauchsgrafik in Bremen, mit einem Malereistudium in Berlin kam er schließlich zur Kunst. Durch seine erste große Ausstellung im Haus des Bundespräsidenten erlangte er im Jahr 1973 internationales Renommee. Das zentrale Thema des Künstlers ist die Frau und ihre Schönheit. "Eine schöne Frau ist für mich immer das Vollkommenste, das ich mir vorstellen kann: der ideale Gegenstand der Kunst", wird er häufig zitiert. Dabei sind seine Modelle reale Frauen, aber in aller Regel keine bekannten Persönlichkeiten wie beispielsweise bei Andy Warhol. Zwar lassen sich in manchen Bildern die Gesichtszüge einer Berühmtheit erahnen, doch Berges nennt den Namen nie konkret. Meist fand er Inspiration in den Medien: Er übernahm Bilder von Frauen aus der Werbung und setzte sie in einen neuen Kontext. "Berges spielt mit Farben, Formen und Linien", erklärt Weinstock. Elemente, die immer wieder auftauchen, sind zum Beispiel große, farbenfrohe Punkte, die einen Teil der Körperfläche ausfüllen, oder in Streifen aufgelöste Modelle. Auf diese Weise verfremdet der Künstler die weiblichen Gesichter und Körper, oft reduziert er sie auf Konturen und Farben. So muss sich der Betrachter bei einigen Werken schon ein wenig Zeit nehmen, um das Motiv zu erkennen. "Bei der Vernissage standen die Besucher zum Teil lange vor den Bildern und haben gesucht. In einem Werk erkannte jemand beispielsweise nicht das angedeutete Gesicht, sondern die Umrisse einer Landkarte", erzählt Weinstock. Man müsse sich eben etwas länger mit Berges Arbeiten auseinandersetzen, dennoch seien es keine "schweren" Werke. Denn er wollte in seiner Kunst keine politischen oder gesellschaftskritischen Elemente einbauen, im Gegensatz zu einigen Kollegen seiner Zeit. "Damals herrschte in der deutschen Pop-Art viel Ernsthaftigkeit vor. Berges hingegen war eher verspielt, er sah es nicht als die Aufgabe der Kunst, in politischer Hinsicht etwas zu erreichen", sagt Weinstock.

Berges war in vielerlei Hinsicht ein Vorreiter. "In seiner Zeit war Pop-Art in Deutschland noch nicht gerade populär, wurde sogar eher negativ gesehen und nicht ernst genommen. Berges wollte sich allerdings bewusst vom Expressionismus und der informellen Kunst abgrenzen, den damals beherrschenden Richtungen", sagt Weinstock. Zudem verwendete er als einer der ersten deutschen Künstler die knalligen Acrylfarben, die bis dahin nur in Amerika verbreitet waren.

Die Ausstellung in der Galerie Kersten in Brunnthal, Otterloher Straße 6, kann noch bis zum 12. Januar besucht werden.

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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