Kurzzeitpflege:Begehrt, aber zu teuer

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Münchenstift Geschäftsführer fordert bessere Finanzierung für ein Erfolgsmodell der Pflegearbeit

Von Julia Bergmann, München

Die sechs Kurzzeitpflegeplätze, die der städtische Heimträger Münchenstift seit einem Jahr im Haus an der Rümannstraße anbietet, sind ein Erfolgsmodell. Die Nachfrage ist hoch und die Auslastung ist mit fast 95 Prozent gut. Trotzdem hat die Einrichtung mit Problemen zu kämpfen. Wie Münchenstift-Geschäftsführer Siegfried Benker bei einer Pressekonferenz erklärt, müsse sich hinsichtlich der Kurzzeitpflege noch vieles ändern. Vor allem bei der Finanzierung der Plätze und dem Mitarbeiterschlüssel.

Das Haus an der Rümannstraße gehört zu den wenigen Einrichtungen, in dem pflegende Angehörige einen Platz schon ein halbes Jahr im Voraus buchen können. Eine große Erleichterung für Betroffene. "Die Kurzzeitpflege ist die Voraussetzung dafür, dass die ambulante Pflege funktioniert", sagt Benker. Die Plätze werden nicht nur nach unerwarteten Krankenhausaufenthalten gebraucht. Etwa, um die Zeit zu überbrücken, bis daheim notwendige Vorbereitungen für die weitere Pflege getroffen wurden. Für Angehörige sei es auch wichtig, langfristig planen zu können, wenn es etwa um Erholungsurlaub gehe. Wer von der Pflege dauerhaft überfordert ist und sich keine Auszeiten gönnt, läuft Gefahr, selbst krank zu werden. "Wir sehen immer wieder, wie existenziell Angehörige darauf angewiesen sind", sagt Benker.

So wichtig das Angebot auch ist, so schwierig ist es für die Angehörigen oft, eine vorübergehende Unterbringung in einem Pflegeheim finanziell zu stemmen. Bis 2017 blieben Pflegebedürftige durchschnittlich 21 Tage lang in der Kurzzeitpflege. 2018 sank die Verweildauer auf 18 Tage. "Das liegt an den höheren Pflegesätzen in der Kurzzeitpflege", sagt Benker. In den vergangenen sechs Jahren hat sich der Eigenanteil für drei Wochen Kurzzeitpflege fast verdoppelt.

2012 mussten Angehörige dafür noch rund 900 Euro aus eigener Tasche bezahlen, 2018 waren es 1710 Euro. Der Anteil, den die Pflegekassen für die Unterbringung übernehmen, ist im gleichen Zeitraum aber lediglich um 62 Euro gestiegen. Das muss sich ändern, finden sowohl Benker, als auch Brigitte Harz-Jahnel, die Leiterin des Hauses an der Rümannstraße. Sie fordern eine Begrenzung des Eigenanteils der Bewohner auf 20 Euro pro Tag. Bei einem dreiwöchigen Aufenthalt wären das etwas mehr als 400 Euro. Utopisch? Absolut nicht, findet Benker. "Bis 2004 hatten wir in Bayern die Regelung, dass der Bewohner nur 9,20 Euro pro Tag bezahlen musste."

Die zweite große Herausforderung in der Kurzzeitpflege betrifft das Personal. Die Belastung für Mitarbeiter sei hoch, sagt Harz-Jahnel. Allein der organisatorische Aufwand, die Dokumentation und das Medikamentenmanagement würden ihren Kollegen viel Zeit und Mühe kosten. Auch die Tatsache, dass sie sich innerhalb kürzester Zeit immer wieder auf neue Bewohner mitsamt ihrer Sorgen, Ängste und Nöte einstellen müssten, sei eine zusätzlich emotionale Belastung. Laut Harz-Jahnel bräuchte es tagsüber mindestens zwei Pflegekräfte mehr im Einsatz, um die zusätzliche Belastung ausgleichen zu können. Trotz der Widrigkeiten: "Ich bin sehr stolz darauf, dass die Münchenstift es trotzdem anbietet", sagt Harz-Jahnel. Nicht nur, weil das Angebot bisher im Portfolio des Unternehmens gefehlt habe. Man wolle vor allem die Angehörigen entlasten.

© SZ vom 04.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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