Kurzkritik:Wärmend schwer

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"Mighty Oaks" eröffnen ihre Tour in der Muffathalle

Von Rebecca Reinhard, München

Gut möglich, dass Mighty Oaks an diesem Abend ein wenig aufgeregter waren als sonst. Zum ersten Mal präsentieren die drei Wahl-Berliner ihr neues Album "All Things Go" einem großen Publikum. Es ist ein ernsteres Werk geworden als seine federleichten Vorgänger. Eines, in dem der Sänger und Mandolinen-Spezialist Ian Hooper den frühen Krebstod seiner Mutter verarbeitet: "I still feel your hands/Holding mine back" heißt es im Titelsong "All Things Go". In einem Aufzug in München, heißt es darin, haben seine Eltern sich als Studenten kennengelernt. Ein Schicksalsort gewissermaßen für die multinationale Band, die auf mittlerweile drei Alben und unzählige Tourneen weltweit zurückblickt.

Tatsächlich sind die drei Musiker, unterstützt von Drummer Joachim Förster, sehr präsent an diesem ausverkauften Abend. Das sphärische Gitarrenspiel von Claudio Donzelli in "Storm" rührt an, die brillant vorgetragenen Harmonien in "The Great Unknown" wirken elegisch und wärmend zugleich. Wie im zunächst gefällig-poppigen "You Saved My Soul" vom bis dato erfolgreichsten Album "Howl", das zum mitreißenden Crescendo avanciert und das sonst sehr ruhige Publikum mit den Füßen wippen lässt.

Ansonsten setzen Mighty Oaks auf altbewährt Folkiges. Sie singen über Fernweh und Selbstzweifel, oft untermalt von sehnsuchtsvoller Mandoline und stets vom abgeklärten Bassspiel des Briten Craig Saunders. Es klingt nach einsamen Roadtrips im umgebauten Van. Kein Geheimrezept, aber es wirkt beim jungen Publikum: Generation-Y-Themen eben. Plötzlich ganz nah wird man sich, als Hooper, Donzelli und Saunders zur Zugabe ansetzen: rein akustisch vorgetragen und ein Mikrofon teilend. Da singen sie eine weitere Hommage an Hoopers Mutter, "Aileen". Dankbarkeit und intensive Spielfreude sind den Musikern nicht nur in diesem Moment anzusehen. Die Lichtinstallationen tun ihr übriges für eine Atmosphäre, die ergreift. Das Publikum dankt es mit andächtigem, gleichwohl kaum enden wollendem Applaus.

© SZ vom 19.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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