Kurzkritik:Mutiges Debüt

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Szymon Nehring spielt mit dem Münchener Kammerorchester

Von Rita Argauer, München

Leicht macht es sich der junge polnische Pianist Szymon Nehring bei seinem Debüt im Prinzregententheater mit seiner Programmwahl nicht. Beethovens fünftes Klavierkonzert ist ein oft gehörtes Stück mit vielen Stimmungsebenen. Sich dabei nicht zu verlaufen, dazu braucht es Mut zur musikalischen Konzentration. Zuvor gibt es noch Sibelius' "Valse triste", der das Konzert als beinahe modernistisches Stückchen eröffnet. Der Dirigent Gregor A. Mayrhofer und das Münchener Kammerorchester spielen den Walzer dynamisch und in den Tempi so mutig zerstückelt, dass er beinahe wie ein avantgardistisches Fragment klingt.

Dagegen wirkt Nehring mit Beethoven zunächst beinahe altmodisch. Er beginnt fulminant und setzt anschließend auf Brillanz: Seine Technik und seine Anschlagsvielfalt sind auf höchstem Niveau. Die Stimmvielfalt, ob dunkle Bässe, matte Mittelstimmen oder ein perlender Diskant, erklingt scheinbar mühelos, dennoch lässt er eine Idee hinter dem meisterlichen Herausspielen der Einzelstücke vermissen. Das Kammerorchester wirkt dagegen differenzierter. Das führt zu tollen Momenten, wenn in der Durchführung des Kopfsatzes das Thema durch die verschiedenen Orchesterstimmen schwebt, schließlich das Klavier in das Orchestermuster miteinbezogen wird und sich letztlich mit wütenden, schlagenden Akkorden daraus befreit. Wenn sich Nehring jedoch auch interpretatorisch noch ein wenig weiter in die Differenzierung wagen würde, könnte diese bekannte Musik noch mehr gewinnen.

Gregor A. Mayrhofer hingegen, der einst als Assistent bei Simon Rattle in Berlin arbeitete, mangelt es nicht am Mut zum Akzent. In Mozarts Haffner-Sinfonie reicht die Spannweite anschließend vom beiläufigen Parlieren der Musik im Kopfsatz zu messerscharf schneidenden Akzenten im Finale. Die schwellenden Streicher, die dazwischen gehenden Blechbläser, all das ist beeindruckend präzise, beinahe analytisch und trotzdem bewegend. Und Mayerhofer hat dabei sichtlichen Spaß daran, mit einem grandios gelassen und trotzdem agil musizierenden Orchester zu spielen.

© SZ vom 18.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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