Kurzkritik:Gruppenenergie

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Pianist Daniel Karlsson und sein Trio im Night Club

Von Ralf Dombrowski, München

Seine Schultern erzählen die Geschichte. Sie ziehen sich zusammen, wenn Daniel Karlsson in sich hineinhört, bilden mit den Händen am Klavier und dem nach vorne gesenkten Kopf ein Oval, eine in sich geschlossene Form, wenn die Klanglinien feine, persönliche Motive andeuten. Dann, in Phasen der pianistischen Eruption, wenn die Töne nur so perlen und sich stellenweise zu wuchtigen Kaskaden aufhäufen, öffnen sie sich nach oben, bilden asymmetrische Formen, nie ganz offen, stets ein wenig kontrolliert, als wolle der schwedische Pianist zwar sein Publikum im Bayerischen Hof an den Ideen und Assoziationen teilhaben lassen, zugleich aber immer ein Stück für sich behalten.

Das wiederum passt zum Gesamteindruck, den er und sein Trio vermitteln. Denn das Programm, vor allem in der zweiten Hälfte des Konzertes, ist ein sich über lange Stecken entwickelndes Wechselspiel der Stimmungen und wirkt wie ein an einzelnen vorüberlegten Elementen sich entfaltender Musikstrom mit wechselnden Zuständen gestalterischer Freiheit. Auf der einen Seite stehen klare, eingängige Melodien, die Karlsson selbst sogar gelegentlich mitpfeift und womit er in hörbarer Vertrautheit die Basis der Kommunikation mit dem Bassisten Christian Spering und dem Schlagzeuger Fredrik Rundquist als Höranker schafft.

Er spielt gerne mit weiten Hallräumen, kleinen kosmetischen Effekten, die den Naturklang des Klaviers verfremden, doppeln, im Echo irisieren lassen und liebt dabei vor allem die Herausforderung, auf das stellenweise vehemente rhythmische Geflecht der anderen zu reagieren. Dann aber kippen die suitenartig kombinierten Stücke in ausladende Improvisationen, die, von der Gruppenenergie getragen, hypnotische Momente erreichen. Karlssons Kunst ist dabei nicht stilbrechend, sondern verbleibt innerhalb des harmonisch-melodisch Tonalen. Aber sie ist sein Ding. Es sind seine Geschichten, die er mit inwendiger Kraft erzählt und manchmal mit einem Lächeln krönt.

© SZ vom 28.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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