Kunst:Waldes Ruhe

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"Herbstwald": Im Bayerischen Wald findet Gerd Grüneisl genügend Motive, aber auch auf seinen Reisen. (Foto: privat)

Im Einklang mit der Natur: Gerd Grüneisl, jahrelang ein Verfechter der ästhetischen und lebendigen Kunsterziehung, stellt in Trudering aus

Von Renate Winkler-Schlang

Trudering/Schwabing - Gerd Grüneisl hat nach seinem Architekturstudium an der Akademie studiert, in der Klasse von Günter Fruhtrunk, hat sein Können in Paris vervollkommnet und in Venedig, ist also ein bestens ausgebildeter Künstler. Dennoch hat der heute 71-Jährige nach eigenen Worten 35 Jahre lang kein Bild gemalt. Seit einiger Zeit tut er es wieder - seine Werke sind nun unter dem Titel "Natur-Verbunden" im Kulturzentrum Trudering zu sehen.

Kunst, findet der Schwabinger, hat es verdient, dass man sich intensiv mit ihr beschäftigt, auseinandersetzt. So nebenher am Wochenende oder am freien Abend hobbymäßig ein wenig den Pinsel zu schwingen, das war nie sein Ansatz. Und für diese intensive Auseinandersetzung war nun einmal jahrzehntelang keine Zeit. Wichtigere Themen und selbst gestellte Aufgaben hatten sich in den Vordergrund gedrängt - er brannte für eine Pädagogik, die den Kindern die Möglichkeit gibt, selbst produktiv zu sein. Dabei war Grüneisl selbst jahrelang drin, als Kunsterzieher in einigen Münchner Gymnasien. "Der Not gehorchend", sei das geschehen, sagt er rückblickend, er hatte bereits früh eine Familie gegründet, musste deren Existenz sichern. Doch irgendwann habe er "der Einsicht folgend" den Schuldienst quittiert. Nicht von heut' auf morgen kam dieser Umschwung, erst war da das Unbehagen an der damals noch vorherrschenden Frontal-Pädagogik, dann kamen immer mehr Aktionen, um dieses Prinzip zu durchbrechen. Schon während der Akademiezeit hatte er die Gruppe Keks (Kunst/Erziehung/Kybernetik/Soziologie) mitgegründet - mit dem Ziel, durch viele öffentliche Auftritte auch die "Kunst vor der Trivialisierung durch die Pädagogik zu bewahren". Dies mündete 1970 in den Aufbau der "Pädagogischen Aktion": "Wir wollten neue Wege in der ästhetischen Erziehung eröffnen", beschreibt der Künstler.

Immer wieder erinnert der 71-Jährige daran, dass dies alles Jahre zurückliegt: Was heute selbstverständlich erscheint, darum musste man damals heftig kämpfen. Viele schüttelten den Kopf, als er schon 1972 bei einer Umweltaktion auf dem Rindermarkt auf das Baumsterben aufmerksam machte. Kollegen erklärten ihm, "du spinnst", als er Schüler mit in die Museen nahm, als er den Kollegen klarmachte, dass Bildung nicht mittags endet, sondern umfassender zu verstehen sei, mit eigener Erfahrung gekoppelt werden muss. Dabei sei die Zeit wohl reif gewesen für die Aktionen auf den damals "desaströsen" Spielplätzen. Die Spielbusse hatten noch viel größeren Zulauf als heute, nicht nur von den Kindern. Viel Platz brauchte man für die Eltern, die selbst seit Jahren zum ersten Mal wieder Ton in der Hand hatten oder einen Zeichenblock und einen Malkasten. Vor allem in "bildungsbenachteiligte" Viertel sei man gefahren. Um das bewerkstelligen und damit auch die eigene Existenz ohne die Sicherheit des Schuldienstes sichern zu können, brauchte es Zuschüsse. Im Rathaus aber winkten die Stadträte erst mal ab: Das sei doch alles Aufgabe der Eltern. Andere Zeiten eben.

Aus der Pädagogischen Aktion spalteten sich einige Organisationen ab, unter anderem 1989 auch der Verein "Kultur-und Spielraum", Träger unzähliger Aktionen für Kinder und Jugendliche. Hier mutierte Grüneisl endgültig vom Lehrer zum Kunstpädagogen. Solchen Projekten galt nun seine Kraft und Kreativität. Als "waghalsige Berufsexistenz zwischen Kunst, Pädagogik und Alltagskultur", beschreibt er diese lange, wichtige Phase. Da blieb kein Raum mehr für die eigene Staffelei. Inzwischen fungiert er nur noch für die beiden Großprojekte Minimünchen und Kunst und Krempel als einer der Projektleiter. Das will er auch machen, solange er kann, denn der Kontakt mit der Jugend in dieser durchaus auch spannenden Zeit, der halte ihn jung, sagt er. In der kalten Hälfte des Jahres aber hat er nun endlich Zeit, wieder intensiv zu malen. Das Vorbild des Akademielehrers Fruhtrunk mit seinen bekannten abstrakten Streifenbildern ist verblasst. Grüneisl malt gerne in und nach der Natur. Er hat ein Atelier im Bayerischen Wald. "Als Motiv meiner Bilder lag der Wald also nahe", erklärt er. Farbenprächtig in allen Rot- und Rosttönen leuchten etwa seine großformatigen Acrylgemälde voller Bäume. Er will mit seinen Bildern -auch denen von Reisen nach Ägypten, Tunesien oder Dubai - aufmerksam machen auf die Natur, von der alle abhängig sind und der sie sich viel mehr verbunden fühlen müssten. "Wir kommen", sagt Gerd Grüneisl, "der Natur nicht aus."

"Natur- Verbunden": Vernissage, Freitag, 30. Oktober, 19 Uhr, im Foyer Kulturzentrum Trudering, Wasserburger Landstraße 32. Eintritt frei. Öffnungszeiten: bis 22. November werktags von 10 bis 20 Uhr.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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