Kulturförderung:Ohne Glamour und Söder

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Bernd Sibler verleiht per Videostream die bayerischen Kunstförderpreise

Von Jürgen Moises

Das Coronavirus schränkt unsere Kontaktmöglichkeiten ein und bereitet nicht zuletzt den Künstlern existenzielle Sorgen. Aber eines hat es nicht geschafft: "Der uneingeschränkten Würdigung" der herausragenden Leistung junger Künstler "durch die Verleihung des bayerischen Kunstförderpreises" etwas anzuhaben. So formulierte es der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst Bernd Sibler, als er diesen Preis am Donnerstag an 21 Künstlerinnen und Künstler, Ensembles und Künstler-Teams verlieh. Er tat das nicht wie im letzten Jahr im Cuvilliéstheater, sondern per Video aus dem Kunstministerium heraus. Dort sah man ihn in einem für ihn typischen grauen Janker im Alten Ministergang des Hauses stehen. Im Hintergrund ein Gemälde und ein Flügel, dann noch ein roter Teppich auf dem Boden, der in den knapp 40 Minuten aber leer blieb.

Die Preisträger? Die waren bis auf Kammerspiele-Schauspielerin Gro Swantje Kohlhof in selbst aufgenommenen Videos zu sehen. Ansonsten war die Verleihung eine ebenfalls aufgezeichnete One-Man-Show von Sibler. Kein sichtbares Publikum, stattdessen knapp 70 Zuschauer zuhause am Computer, wie die Anzeige unter dem Video verriet. Kein Glamour und keine Ansprache von Markus Söder, der 2019 die Idee hatte, die zuvor ebenfalls eher bescheiden inszenierte Verleihung mit mehr Pomp auf die Theaterbühne zu hieven. Und der die Veranstaltung damals an sich riss, indem er von einer bayerischen "Documenta" und einer "Kulturolympiade" fabulierte (was daraus geworden ist, könnte man mal nachfragen).

Insofern möchte man dem Kunstminister entgegnen: Eine eingeschränktere als diese Corona-konforme, etwas gehetzt wirkende Würdigung geht kaum. Aber angesichts der Lage muss man wohl froh sein, dass es sie überhaupt gab. Außerdem wird vom 26. Januar an in der Galerie der Künstler ja noch die Ausstellung mit den Bildende-Kunst-Preisträgern gezeigt. Dazu gehört etwa Stephan Janitzky, den man in seinem Video mit Maske in der U-Bahn sah. Also mit dem sichtbaren Symbol für die Corona-Krise. Wie alle Preisträger in den Sparten Bildende und Darstellende Kunst, Literatur, Musik und Tanz darf sich Janitzky über 6000 Euro freuen. Bei den Ensembles sind es 10 000 Euro. Für die Künstler ist das eine sicher willkommene Hilfe. Darüber hinaus soll der Preis, so Sibler, eine "Anerkennung" und Bestärkung dafür sein, den "eingeschlagenen Weg weiterzugehen". Als eine solche wurde er auch von den Preisträgern bezeichnet, von denen man einige an ihrem Schreibtisch sah. Viola Relle und Raphael Weilguni sah man im Zeitraffer in der Natur ein Regal für ihre Glas- und Keramikarbeiten aufbauen. Der Schriftsteller Andreas Thamm saß am Küchentisch und dankte dem Freistaat und den "Steuerzahlern" für den "Geldregen". Aris Alexander Blettenberg konnte man dank Splitscreen gleichzeitig reden und Klavierspielen sehen. Und die Autorin Dana von Suffrin stellte ihre "liebsten Mitbewohner", eine Zimmerpalme und ihren Kater, vor.

Ihnen allen rief Sibler am Ende ein von der Tänzerin Sofie Vervaecke übernommenes "keep growing, reach further" zu, nachdem er zuvor die Überzeugung geäußert hatte, dass "bald wieder bessere Zeiten kommen". Bis dahin gelte es, "Solidarität zu zeigen mit unseren Künstlern" und Kultureinrichtungen, und alles zu tun, "damit Kunst und Kultur uns erhalten bleiben, so lebendig und vielfältig wie bisher". Dass dafür "alle Verantwortlichen in den vergangenen Monaten an einem Strang gezogen" hätten, das dürften nicht alle so sehen. Aber alles andere würde man so unterschreiben.

© SZ vom 12.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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