Kostprobe:Mehr als Mittelmeer

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Am Überzeugendsten ist das Restaurant "La Brasserie" dann, wenn es sich auf die Klassiker der französischen Küche konzentriert

Von Moritz Mayer-Rahn

Qualität kann sehr flüchtig sein, das gilt in der Gastronomie ganz besonders. Was heute noch erstklassig ist, kann morgen schon nachlassen. Und was gestern noch ein hoffnungsloser Fall war, kann unter neuer Leitung plötzlich erblühen. Es empfiehlt sich deshalb, von Zeit zu Zeit nachzusehen, was aus Lokalen geworden ist, die an dieser Stelle besprochen wurden. Das französische Restaurant La Brasserie zwischen Hirschgarten und Nymphenburger Schloss war zuletzt im Jahr 2012 dran, und die Kollegin Hanne Rübenbauer empfand damals, bei allem Lob für die Küche, das Ambiente mit seinen Resopaltischen, Kunstlederbänken und Jugendstillampen als "zusammengewürfelt". Nun, die Bänke und Jugendstillampen gibt es immer noch, ob das für die Resopaltische auch gilt, lässt sich nicht sagen, alle Tische sind mit weißen Deckeneingedeckt. Das ganze wirkt gediegen, und wer es gerne verschnörkelt und verspielt mag, wird sich hier wohlfühlen. Mit einer Ausnahme allerdings, von der später noch die Rede sein wird.

Wichtiger als neue Tischdecken ist allerdings, dass das Lokal den Wirt gewechselt hat. Dort trägt seit 2013 Stefan Beyerle die Verantwortung, der als Küchenchef in der nahen Schlosswirtschaft Schwaige gearbeitet hat und in gleicher Funktion im Schottenhamel-Zelt auf der Wiesn erfahren hat, was nötig ist, um Tausende von Gästen zu verköstigen.

Auf der Homepage des Lokals erfährt man, dass die Brasserie "hochwertige französisch-mediterrane Speisen" anbieten möchte. Ob das vom Grundsatz her eine gute Idee ist? Denn was bitte ist eine französisch-mediterrane Küche genau? Abgesehen davon, dass die Olive, als Frucht und als Öl, überall präsent ist, mit frischen, aromatischen Kräutern gekocht und gern Knoblauch eingesetzt wird, unterscheiden sich die Landesküchen des Mittelmeerraums doch ganz beträchtlich. Eine Mittelmeerküche gibt es deshalb im Grunde gar nicht. Auf der Speisekarte der Brasserie führt der Anspruch jedenfalls zu einem seltsamen Mischmasch. Neben französischen Klassikern wie Schnecken oder Bouillabaisse kann man dort auch Tagliatelle in weißer Trüffelbutter oder Champignonrisotto mit mariniertem Rucola bestellen.

Inhaber und Küchenchef Stefan Beyerle hat das La Brasserie zu neuer Blüte geführt. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Testerrunde ist sich schnell einig, dass man für Tagliatelle oder Risotto nicht zum Franzosen gehen muss und konzentriert sich ganz auf die französischen Elemente der Speisekarte. Was sich als gute, wenn auch nicht immer perfekte Wahl herausstellt. Bei den Vorspeisen war die Zwiebelsuppe mit Croûtons und gratiniertem Käse (6,90 Euro) über jeden Zweifel erhaben. Ein kräftiger Grundsud, dem man anmerkte, dass er nach und nach einkochte und behutsam aufgefüllt wurde, statt einfach am Schluss die fehlende Menge Flüssigkeit nachzugießen - so muss eine Zwiebelsuppe schmecken. Die Datteln im Speckmantel (8,10) waren weder klebrig, noch hatten sie eine zähe, harte Haut. Die Jakobsmuscheln mit Estragon führten am Tisch zu der Diskussion, dass man dieses feine Kraut in der eigenen Küche eigentlich viel zu selten einsetzt. Einzig bei den Schnecken (9,90) hätte man sich den Knoblauchsud etwas nuancenreicher gewünscht.

Bei den Hauptgerichten ragten das Lammkarree in Wildkräuterhaube (24,50) und der gebratene Ziegenkäse mit Trüffelhonig und Apfel-Spinat (17,90) heraus. Das Lammfleisch war zart und saftig, die würzige Kräuterkruste bildete zusammen mit dem ebenfalls kräftigen Portweinratatouille und dem milden Kartoffelpüree eine harmonische Gesamtkomposition. Das galt auch für den Ziegenkäse, den man üblicherweise eher unter den Vorspeisen findet, der hier aber in Gemeinschaft mit dem Spinat ein raffiniertes Geschmackserlebnis bot. Die Brasserie führt auch Elsässer Flammkuchen, wir probierten die Variante mit Speck, Gorgonzola und Birnen, bei der der Käse ruhig ein wenig kräftiger hätte sein dürfen. Bei der Bouillabaisse (26,90) war der Fisch reichhaltig, der Sud fein gewürzt, allein die mitgekochten Paprikastücke schmeckten eine Spur zu stark vor. Von den Desserts überzeugte am meisten die Tarte au Citron (6,90), eine Crème Brûlée mit Joghurt mag zwar die Kalorienbewussten beruhigen, an die klassische Variante reicht sie aber nicht heran.

Wer es ein bisschen verspielt mag und die Klassiker der französischen Küche schätzt, wird sich hier sicher wohlfühlen. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Service in der Brasserie, im alten Lokal noch ein Kritikpunkt, ist aufmerksam und außerordentlich freundlich, die Beratung bei der Weinauswahl (die Brasserie bietet eine zwar kleine, aber gut zusammengestellte Auswahl offener Weine an) war kenntnisreich. Und als der Kellner nicht genau sagen konnte, welcher Käse nun bei der Käseauswahl (13,00) auf dem Teller lag, hat er dieses Manko sofort wettgemacht und kam nach kurzer Zeit mit einem Zettel zurück, auf dem alles säuberlich notiert war.

Einen Missgriff gibt es aber leider doch. Das Lokal ist ein länglicher Schlauch, und in der Mitte gibt es eine Durchreiche zur Küche. Wer an den äußeren Enden sitzt, bekommt davon nichts mit, aber wer seinen Tisch im mittleren Bereich hat, kann beobachten, wie der Kellner die Essenreste in eine Art Schütte vor der Durchreiche kippt und das gebrauchte Besteck in einen Emaileimer wirft, der offen im Fenster zur Küche steht. Das mag in einem Wiesnzelt angehen, aber in einem Lokal mit gehobenem Anspruch sollte die Entsorgung diskret in der Küche erledigt werden. Im Eiskunstlauf gäbe das kräftige Abzüge bei der B-Note.

© SZ vom 24.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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