Kontrolleure in München:Gefahren der Großstadt

Lesezeit: 4 min

Auch Glücksspiel kann gefährlich werden: In den vergangenen Jahren hatte die Zahl der Spielhallen stark zugenommen. (Foto: dpa)

Hygieneverstöße in Restaurants oder Kondompflicht bei Prostituierten: Zahlreiche kommunale Mitarbeiter gehen gegen sichtbare und unsichtbare Gefahren vor - und das ganz ohne Blaulicht. Worum sich die Münchner Kontrolleure kümmern müssen.

Von Dominik Hutter

Wenn es um Sicherheit geht, ist oft von Polizeieinsätzen die Rede - von Blaulicht, rot-weißem Flatterband und klickenden Handschellen. Allerdings kümmert sich nicht nur die Polizei um die öffentliche Ordnung in München. Sowohl bei der Prävention als auch bei Kontrollen und Geldbußen sind zahlreiche kommunale Mitarbeiter im Einsatz, deren Engagement in den "normalen" Polizeiberichten nicht auftaucht. Seit 2012 fertigt das Kreisverwaltungsreferat deshalb einen Sicherheitsbericht mit Fokus auf den städtischen Aktivitäten an. Am Dienstag wird der Bericht für 2013 im Stadtrat präsentiert - die SZ stellt die wesentlichen Punkte vor.

Krankheiten

Das Gesundheitsreferat bemüht sich, die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern - notfalls auch mit Zwangsanordnungen. 9543 Infektionskrankheiten wurden der Behörde gemeldet, es gab 160 Infektionsausbrüche mit mehreren Erkrankten und 137 neue Tuberkulosefälle. Besonders heikel für das Gesundheitsreferat ist die "exorbitante Zunahme" von Asylbewerbern in den Münchner Erstaufnahmeeinrichtungen, die oftmals chronisch mit Krankheiten infiziert sind und alle ärztlich betreut werden müssen.

7742 Untersuchungen von Asylbewerbern gab es 2013, gemanagt überwiegend durch die Behörde selbst. Aber auch das Klinikum Harlaching und niedergelassene Ärzte waren an den Visiten beteiligt. Weil es in Syrien und den benachbarten Flüchtlingscamps Ende Oktober zu einer Häufung von Fällen mit Kinderlähmung kam, werden Asylsuchende aus Syrien seitdem obligatorisch geimpft.

Armut/Wohnungslosigkeit

Der knappe Wohnraum, die hohen Mieten und die wachsende Zuwanderung haben eine immer höhere Zahl von Obdachlosen zur Folge. Für akut Wohnungslose stellt die Stadt mehr als 4000 Schlafplätze zur Verfügung, die meisten davon in Hotels und Pensionen. In den Wintermonaten stehen im sogenannten Kälteschutzprogramm mehr als 520 Plätze zur Verfügung, die meisten davon in der Bayernkaserne - wird es dort zu eng, öffnet das Sozialreferat zusätzlich den Elisenbunker.

Das Programm, das erst bei Temperaturen von null Grad oder darunter anläuft (bei Familien mit Kindern gilt diese Grenze nicht), steht jedem zur Verfügung, also auch denen, die keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Dies betrifft zu gut zwei Dritteln EU-Ausländer, vor allem Bulgaren und Rumänen, die erst nach fünfjährigem Aufenthalt eine Sozialwohnung in München beantragen können.

Lebensmittel/Gastronomie

Um Verstößen gegen die Hygienevorschriften auf die Spur zu kommen, haben die Lebensmittelkontrolleure des Kreisverwaltungsreferats mehr als 20 000 Kontrollen absolviert und dabei 3600 Proben entnommen. Von diesen Proben wurden 300 beanstandet - insgesamt gab es 500 Bußgeld- und fast 60 Strafverfahren gegen die Verantwortlichen. Elf Betriebe mussten wegen gravierender Hygienemängel kurzfristig dicht machen.

Zusätzlich werden die 7500 Münchner Gaststätten und Imbisse ständig von Mitarbeitern der Bezirksinspektionen kontrolliert, bei Ruhestörungen etwa. 11 000 Mal rückten die Gastro-Detektive aus, in rund 1000 Fällen führte dies zu einem Behördenbrief an den entsprechenden Gastwirt. Die Zahl der Beanstandungen ging deutlich zurück.

Prostitution

Das Geschäft mit käuflichem Sex hängt inzwischen eng mit der Armutszuwanderung aus dem Osten Europas zusammen. Waren im Jahr 2002 noch zehn Prozent der Prostituierten Ausländerinnen, ist dieser Wert inzwischen auf 85 Prozent gestiegen. Die meisten stammen aus Rumänien, Ungarn, Tschechien, Thailand und Bulgarien.

Die Stadt kümmert sich unter anderem um die Einhaltung der Kondompflicht - den Kontrolleuren fielen 16 Werbeangebote auf, denen der freiwillige Verzicht auf Kondome zu entnehmen war. Wie viele Zwangsprostituierte es in München gibt, ist aus Sicht der Behörden nicht genau zu bestimmen. Das Kreisverwaltungsreferat plant für 2014 eine Anpassung der Sperrbezirksverordnung: Neu gebaute Wohngebiete werden in den Sperrbezirk aufgenommen, dafür andere Flächen (vor allem in Gewerbegebieten) für die Prostitution freigegeben.

Glücksspiel

Glücksspiel

In den vergangenen Jahren hatte die Zahl der Spielhallen stark zugenommen - seit einer Verschärfung des Glücksspielrechts hat sich der Münchner Bestand bei rund 250 Casinos stabilisiert. Das Kreisverwaltungsreferat will die Sperrzeit für Spielhallen verlängern: auf den Zeitraum zwischen drei und neun Uhr.

Waffen

Das Kreisverwaltungsreferat hat rund 6000 Waffenbesitzer überprüft. Bei 79 Münchnern wurde ein Verfahren auf Widerruf des Waffenscheins eingeleitet, 39 dürfen überhaupt keine Hieb-, Stoß- und Stichwaffen mehr besitzen. In acht Haushalten wurden die Waffen sichergestellt.

Drogen

Um keine feste Drogenszene zu etablieren, hat das Kreisverwaltungsreferat 30 Konsumenten und Händlern Betretungsverbote an bestimmten Orten erlassen. Kontrolliert wird aber auch die Ausgabe von Betäubungsmitteln in Arztpraxen und Apotheken. Das Gesundheitsreferat hat 104 Ärzte auf formelle Beanstandungen (fehlende Angaben auf Rezepten) hingewiesen. 32 Ermittlungsverfahren gegen Ärzte wurden eingeleitet, weil die Herausgabe von Betäubungsmitteln zweifelhaft erschien.

Störungen auf offener Straße

Wer randaliert, andere bedroht, verletzt oder beraubt, muss mit einem Betretungsverbot rechnen. Für die Clubmeile an Maximiliansplatz, Sonnen- und Müllerstraße hat das Kreisverwaltungsreferat elf derartige Anweisungen erlassen. 56 auffällige Fußballfans dürfen das Umfeld des Stadions, bestimmte U-Bahnhöfe oder einschlägig bekannte Stellen nicht mehr ansteuern.

Kritisch beäugt wird auch das Treiben am Hauptbahnhof, wo des öfteren Trinkgelage stattfinden oder Passanten belästigt werden. 32 Aufenthaltsverbote konnten erlassen werden - weitaus weniger als eigentlich ausgesprochen. Die Bahnhofs-Klientel hat oft keine feste Meldeadresse, dann kann der Bescheid nicht zugestellt werden.

Rechtsextremismus

Das Münchner Netz gegen Rechtsextremismus wurde im vergangenen Jahr auf die Stadtteile ausgedehnt. Seitdem gibt es in den Bezirksausschüssen spezielle Beauftragte. Sie arbeiten eng mit der im Rathaus angesiedelten Fachstelle gegen Rechtsextremismus zusammen, die etwa Wirte berät, wenn Radikale für ihre Veranstaltungen Kneipenräume anmieten wollen.

Hochwasser

Im Juni 2013 erlebte München das viertgrößte Hochwasser seit 1979 - viel Arbeit also für die Feuerwehr, die am ersten Juni-Wochenende mehr als 200 Einsätze hatte. In mehr als 200 Häusern, vor allem in der Au, liefen die Keller voll. Bei Hochwasser muss allerdings auch vieles präventiv unternommen werden, unter anderem werden Flaucher- und Marienklausensteg gesperrt sowie die Wehranlage an der Isar auf Handbetrieb umgeschaltet

© SZ vom 21.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: