Theaterpremiere:Geballte Vaterfreuden

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Die neue Saison in der Komödie im Bayerischen Hof startet mit dem Boulevard-Highlight "Komplexe Väter": Hugo Egon Balder und Jochen Busse brillieren in der Regie von Autor-Intendant René Heinersdorff.

Von Barbara Hordych, München

Mit den Männern und den Frauen ist das ja so eine Sache. Und mit den älteren Männern und den jüngeren Frauen noch eine ganz besondere. Geht es um 15 Jahre Altersunterschied, ist die betreffende Frau aus Männersicht "ja praktisch gleichaltrig", stellt Maike Bollow als Ute in der Komödie "Komplexe Väter" fest. Eine der vielen Pointen in dem Boulevardstück, zu dessen Premiere in der Komödie im Bayerischen Hof neben viel Fernseh-Prominenz auch Bayerische Hof-Chefin Innegrit Volkhardt erschien. Aber wie verhält sich die Sache, wenn 25 Jahre zwischen Mann und Frau liegen? Wenn der neue Freund der Tochter also 51 Jahre alt und diese gerade mal 26 Jahre jung ist? Mit dieser Konstellation sehen sich Hugo Egon Balder alias Erik, Erzeuger ebendieser Tochter, und Jochen Busse alias Anton, Stief- und Ziehvater derselben, konfrontiert. Mittendrin besagte Ute, die sehr genau weiß, wovon hier die Rede ist: Ist sie doch selbst die mittlerweile gereifte, aber nach wie vor 25 Jahre jüngere Frau von Anton.

Heinersdorff hat das Stück den Fernseh-Recken Balder und Busse auf den Leib geschrieben

Autor-Regisseur René Heinersdorff hat diese Situation seinen beiden langjährigen Freunden, den Fernseh-Recken Balder und Busse (beide vier- bis fünfmal verheiratet!) auf den Leib geschrieben, dazu das Bühnenbild entworfen und den Part des neuen Freundes Björn übernommen. In braun-gelb-kariertem Anzug, mit roter Rose und viel Mut zur Lächerlichkeit sprintet er in diese dysfunktionale Patchworkfamilie, in der sich die ehemals besten Freunde Erik und Anton eigentlich spinnefeind sind. Kein Wunder, hat doch Erik einst dem Anton die Ute ausgespannt, bevor sie nach einer kurzen Liaison und schwanger zu Anton zurückkehrte. Aber beim Anblick von Björn, der sich zu aller Verdruss auch noch als anderweitig verheirateter Therapeut von Nadine (Katarina Schmidt) herauskristallisiert, schließen sie "unserer Tochter" zuliebe Waffenstillstand. Mehr noch: Sie wollen diese Beziehung unbedingt verhindern.

Großartig, wie die beiden Sparringspartner Busse und Balder in pointenreichen Wortgefechten aufeinander losgehen. Allein die Körpersprache: Wenn Anton etwas hüftsteif, aber kerzengerade in seiner selbstgerecht-moralischen Haltung, auf den leicht gekrümmten, aber lässig agierenden und argumentierenden Alt-Sponti Erik trifft, der ihm unvermittelt verbale Kinnhaken versetzt, ist das Boulevard-Kunst vom Feinsten. Die auch den beiden Komiker-Haudegen nach rund 600 Vorstellungen, die sie bereits in ganz Deutschland gegeben haben, großes Vergnügen zu bereiten scheint (hoffentlich) - sicherlich aber dem Publikum, von dem es immer wieder spontanen Szenenapplaus gab. Der ständig mit seiner alten und neuen Nase hadernde Anton (schön, dass hier mal über die Schönheits-OP eines Mannes gespöttelt wird), der in seinem therapeutischen Tatendrang kaum zu stoppende Björn, die über ihr Harmoniebestreben stolpernde Ute - sie alle sind herrlich überspitzt gezeichnete Figuren, die auf der Bühne eine Gemengelage anrichten, die zum Gemetzel werden könnte. Hier aber als leichte Kost zur Frage "Rat' mal wer zum Essen kommt" serviert wird. Ein äußerst gelungener Auftakt für die neue Spielzeit, im Grunde die erste, die Heinersdorff als neuer Direktor der Komödie erkennbar gestalten konnte.

Komplexe Väter, bis 29. Okt., Komödie im Bayerischen Hof

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