Kommentar:Wenn M94.5 ins Internet wandert, verliert der Journalismus

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Im Sommer feierte M 94.5, das Münchner Aus- und Fortbildungsradio, seinen 20. Geburtstag, begleitet von vielen Glückwünschen. (Foto: Lukas Barth)

Die Radiostation ist eine der letzten Stellen, an denen sich junge Menschen unter echten Bedingungen ausprobieren können.

Kommentar von Michael Bremmer

Frank Buschmann ist ein Haudrauf. Er gehört zu den Moderatoren, denen kein Witz zu blöd ist, um ihre Sportreportage lebendig zu gestalten. Wenn jetzt einer wie Buschmann für eine ernste Botschaft am Montagabend zum Selfie-Stick greift und in die Kamera spricht, weiß man sofort: Jetzt ist Schluss mit lustig.

Buschmann geht es um den Erhalt des Münchner Ausbildungsradios M 94.5, bei dem man "jungen Leuten die Chance gibt, sich unter Realbedingungen auszuprobieren", was sonst nicht mehr häufig vorkomme im Redaktionsalltag, sagt Buschmann. Natürlich könne man die Frequenz auch einem Privatradio geben, "da lernen die Leute" - Pause - "nichts". Nichts außer Format-Radio.

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Dort werde man in Schemata gepresst - gute Journalisten würden jedenfalls nicht herangezogen, folgert er. "Leute", sagt er dann, "das könnt ihr nicht ernst meinen. Mein Name ist Frank Buschmann, und ich kann das nicht verstehen."

Zu verstehen ist das wirklich nicht, gerade mit Blick auf junge Radio-Redaktionen in München. Da gibt es Puls vom Bayerischen Rundfunk. Den Sender kann man bislang nur digital beziehungsweise über das terrestrische Digitalradio DAB+ empfangen. Diese Reichweite reicht dem BR nicht, Puls soll eine UKW-Frequenz bekommen. BR-Intendant Ulrich Wilhelm rechtfertigt das damit, dem Sender nicht die Zukunft verbauen zu wollen - denn die Mehrzahl der (jungen) Hörer nutzt eben immer noch den konventionellen Rundfunkempfang.

Umgekehrte Vorzeichen dagegen bei M 94.5, der oft chaotischen, aber immer authentischen Jugendredaktion. Hier soll das Programm ins Internet, weg von der UKW-Frequenz - und damit der Mehrzahl der Radiohörer. Dabei geht es rein um wirtschaftliche Interessen, um die Möglichkeit, mit einem kommerziellen Privatradio Reichweite zu generieren und damit die Werbeeinnahmen zu erhöhen.

Natürlich ist wirtschaftliches Arbeiten wichtig. Aber der Entzug der UKW-Frequenz würde die Ausbildungsbedingungen bei M 94.5 erschweren. Nur wenn man gehört und im Zweifelsfall für seine journalistische Arbeit auch kritisiert wird, kann man sich weiterentwickeln. Das ist wichtig. Nicht nur für die Jugend.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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