Kommentar:Theater ist ein Kinderrecht

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Die neue Intendantin an der Schauburg will die traditionsreiche Jugendbühne auch für kleine Kinder öffnen. Das sorgt für Aufregung in der Politik. Warum eigentlich?

Von Christiane Lutz

Kinder wissen schon mit einem Jahr, wie man ein iPhone entsperrt. Fünfjährige fordern ihr tägliches Youtube-Video. Warum also sollten diese Kinder nichts mit Theater als weiterem Medium anfangen können? Deshalb wird Andrea Gronemeyer auch Theater für Zweijährige anbieten, wenn sie zur Spielzeit 2017/2018 die Leitung der Schauburg übernimmt. Als das bekannt wurde, gab es Aufregung im Bezirksausschuss Schwabing-West. Von Angst vor "Mutter-Kind-Geschichten" war die Rede, von der Sorge, dass das Programm für Jugendliche reduziert oder weniger anspruchsvoll werden könnte.

Dass diese Sorge überhaupt besteht, ist natürlich als große Zufriedenheit mit der Arbeit von George Podt zu werten, der die Schauburg 27 Jahre lang klug geleitet hat. Wer sich sorgt, etwas zu verlieren, hat schließlich etwas, das er schützen möchte. Im Falle von Andrea Gronemeyer aber ist dieser Bewahrungsreflex dann doch albern. Zum einen hat die Intendantin, die bisher das Junge Nationaltheater in Mannheim geleitet hat, ihre Arbeit noch nicht einmal begonnen, zum anderen soll ihr Kleinkind-Theater ein Zusatz zum Theater für Jugendliche sein, keine Konkurrenz oder gar Ersatz. Es wird keine verstiegenen Inszenierungen geben, sondern Erkundungsreisen, wie sie es nennt, mit Musik und Figuren. Sie will keinen weiteren Leistungsbereich öffnen, in dem Dreijährige nach dem Mini-Yoga noch schnell was über Goethes Faust lernen müssen.

Kleine Kinder hätten einfach auch ein Recht auf Kunst, findet Gronemeyer. Sie hat recht. Und wem das zu akademisch klingt, der muss es nicht mal Kunst nennen. Es geht im Theater doch immer auch um eine Erfahrung. Das fremde Geräusch, das betörende Licht, eine Aufregung, ein Gefühl. Das zu erleben, damit kann man gar nicht früh genug anfangen.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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