Kommentar:Schnell handeln, flexibel sein

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Um Demokratie auch an der Basis fit zu machen für die Herausforderungen dieser Zeiten, ist Kreativität gefragt

Von Berthold Neff

Wenn Ungewöhnliches geschieht, kommt man mit gewöhnlichen Lösungen nicht weiter. Wenn die Corona-Pandemie das öffentliche Leben weitgehend zum Stillstand bringt, ist Kreativität gefragt. Die wäre nicht nur beim Impfen nötig, das immer noch nicht so richtig in die Gänge kommt; auch die Demokratie muss in Zeiten wie diesen fit gemacht werden für diese Herausforderung, deren Ende immer noch nicht absehbar ist. Im Bundestag zum Beispiel ist der Ärger groß, weil all die Beschlüsse, die so einschneidend ins Leben der Menschen eingreifen, um genau dieses zu schützen, oft per Video-Schalte zwischen den Staatskanzleien der Länder und dem Bundeskanzleramt zustandekommen. Und auch die Krisenstäbe, die auf kommunaler Ebene versuchen, die Inzidenzzahlen im Griff zu halten, tagen entweder im Geheimen oder auf Abstand, virtuell.

In den 25 Bezirksausschüssen der Landeshauptstadt, die als Bindeglied zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und der Stadtverwaltung auf der anderen Seite fungieren, wird zweifelsohne wichtige Arbeit geleistet, es ist Demokratie an der Basis, was hier in oft ermüdenden Debatten zu einem meist guten Ende gebracht wird. Aber ist es wirklich nötig, dass die BA-Mitglieder trotz aller Kontaktbeschränkungen Monat für Monat zusammenkommen, um über die Belange ihres Viertels zu diskutieren?

Es wird ja auf dieser Ebene meist nichts erörtert, was im Kampf gegen die Pandemie unerlässlich wäre, es geht meist um Dinge, die wichtig, aber nicht lebenswichtig sind. Gerade deshalb ist es ein Unding, dass es so lange dauert, bis die Stadt den Stadtviertel-Gremien das rechtssichere Tagen im weitgehend virtuellen Raum ermöglicht. Wer weiß, wie lange es dauert, bis ein städtisches Referat sich zu einer Machbarkeitsstudie durchringt, kann ermessen, dass noch viel Zeit verstreichen wird, bis klar ist, unter welchen Umständen die 80 Stadträte und die auf 25 Bezirksausschüsse verteilten 683 BA-Mitglieder zumindest zum Teil virtuell tagen können.

Genau das aber wäre wichtig, um das Infektionsrisiko zu minimieren, vor allem auch, weil viele BA-Mitglieder schon das Rentenalter erreicht haben, also zu einer Risikogruppe gehören. Die Stadt, in diesem Fall das für die Steuerung der BA-Arbeit zuständige Direktorium, wäre gut beraten, in dieser Sache zweigleisig zu fahren. Es ist wohl eine ganz und gar anders gelagerte Aufgabe, 80 Leute virtuell tagen zu lassen, als eine Runde, die nur ein Drittel so groß ist, im Schnitt haben die Stadtviertel-Gremien 27 Mitglieder.

Was in dieser Pandemie generell gilt, muss auch in dieser Frage höchste Priorität haben: schnell handeln, flexibel sein.

© SZ vom 30.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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