Kommentar:Schade um die Boulevard-Idee

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Mit ihrem Nein zur Verlängerung des Corso Leopold verpasst die Stadt die Chance, das alte und das neue Schwabing zu verbinden

Von Thomas Kronewiter

Gegen Sicherheitsbedenken zu argumentieren, ist immer schwer. Dass es die Polizei und das Kreisverwaltungsreferat schwierig finden, am Rande eines Festgeländes mit einer Viertelmillion Besucher - wie gut abgesperrt auch immer - Busse und Bahnen entlang zu führen, leuchtet denn auch ein. Insofern wäre es eine Überraschung, wenn der Stadtrat sich gegen die nun bekannt gewordenen Argumente der Sicherheitsbehörden wenden und einer Verlängerung des Corso Leopold von der Münchner Freiheit bis zum Schwabinger Tor zustimmen würde.

Volksfestbetrieb mit pausenloser Musikbeschallung und Action aller Art einerseits, öffentlicher Verkehr andererseits passen nicht zusammen. Nicht von ungefähr wird die Leopoldstraße zweimal jährlich für das Straßenfest gesperrt, Busse und Autos werden konsequent umgeleitet. Das hätte man sich auch für die an der Münchner Freiheit dann mitten im Festgelände startenden Busse und die Straßenbahn überlegen müssen. Ein auf das Wesentlichste beschränktes Ersatzbus-System abseits des Festival-Geländes für zweimal ein Wochenende würde angesichts des vorhandenen U-Bahn-Strangs vermutlich aber ausreichen. Ein zugegebenermaßen logistisch anspruchsvoller Probelauf in diesem Jahr hätte dann für oder gegen eine dauerhafte Verlängerung des Straßenfestes in Richtung Norden gesprochen.

Denn so verpasst die Stadt die Chance, das alte und das neue Schwabing durch einen urbanen Boulevard zu verbinden. Mag das neue Quartier nordöstlich des Parzivalplatzes Schwabinger Tor heißen oder nicht - kaum jemand verbindet das neue Hochhaus-Ensemble mit dem Künstler-, Kneipen und trotz allen Mietwahnsinns und Verkehrsdrucks immer noch beliebten Wohnviertel. Wer flanieren will, tut dies in der Feilitzsch-, der Hohenzollernstraße oder rund um den Kaiserplatz.

Die nördliche Leopoldstraße und das Schwabinger Tor hätte man für zumindest zwei Wochenenden in dieses urbane Schwabing einbeziehen können. Das hätte auch die Eigentümer des Schwabinger-Tor-Komplexes, die Hotel- und Ladenbetreiber motiviert, ihre ambitionierten Ankündigungen, Schwabing ein Stück weit neu erfinden zu wollen, wahr zu machen. So bleibt das Schwabinger Tor ein Wurmfortsatz - mit einem weithin hochpreisigen Angebot, das sich vor allem ans eigene Quartier richtet.

© SZ vom 14.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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