Kolumne: NullAchtNeun:Keine Chance für Korea

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Eines hätten die Südkoreaner noch viel lieber gehabt als Olympia 2018: die Wiesn. Doch in diesem Fall sitzen die Münchner am längeren Hebel.

Sebastian Beck

Jetzt bloß keine Witze! Sofort das Grinsen einstellen! In dieser Situation ist emotionale Intelligenz gefragt. Wenn also Kollegen in Skihosen und mit verquollenen Augen durch den Flur schleichen, dann sollte man sich schleunigst an die Wand drücken oder in die nächste Toilette verziehen. Schon einzelne Moleküle von Ironie oder gar Häme könnten die Luft in ein zündfähiges Gemisch verwandeln.

Ein Koreaner auf dem Münchern Oktoberfest: Wiesn ist besser als Olympia. (Foto: ddp)

Es ist ja auch traurig: Fast hätte man am Ende noch selbst geglaubt, dass München ein Wintersportort sei und keine Stadt in der Schotterebene mit zwei Schuttbergen - und dann schnappen die Koreaner alles weg und freuen sich darüber auf unasiatische Weise.

Dürfen die das überhaupt? Wie geht es weiter? Und soll sich München für die Winterspiele 2022 bewerben? Wahrscheinlich müsste man dafür erst einmal die Zugspitze samt Garmisch-Partenkirchen den Österreichern zum Tausch anbieten. Schließlich war es doch deren Kaiser Franz-Joseph, der den Berg 1854 Bayern angedreht hat - als Geschenk anlässlich seiner Hochzeit mit Sisi. Angeblich soll er dabei gesagt haben: "Damit's es auch an richtigen Berg habt's."

Aber was nützt schon der schönste Gipfel, wenn die Talstation marode ist? Salzburg gegen Garmisch-Partenkirchen, das wäre ein gutes Geschäft. Schließlich haben sich die Salzburger schon viermal freiwillig um die Winterspiele beworben - wenn auch vergeblich: Schnee, Berge, Abfahrten, fertige Stadien und eine Rodelbahn am Königssee, das war den Mitgliedern des Olympischen Komitees dann doch zu einfach, weshalb sie die Winterspiele 2014 an den russischen Badeort Sotschi vergaben. Andererseits: Beim fünften Versuch sollte es eigentlich klappen. Wobei zu befürchten ist, dass Salzburg auch ohne die Wintersport-Metropole München zurecht käme.

Nein, es sieht schlecht aus für die Münchner Olympiaträume. Selbst die Flucht in die Vergangenheit bringt wenig Tröstliches: Da sind zwar Namen wie Ulrike Meyfarth, Heide Rosendahl oder der Schuft Norbert Südhaus, der dem Marathonsieger Frank Shorter die Stadionrunde klaute. Aber es bleibt eben auch die Erinnerung an das Attentat, das die Spiele verdunkelte und damit der ewige Zwiespalt, wie Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel schon 1972 schrieb.

Deshalb Schluss jetzt mit der Heulerei wegen Olympia. Wie die SZ erfuhr, wird München auch in diesem Jahr Austragungsort des Oktoberfests sein. Das hätten die Südkoreaner noch viel lieber als Olympia 2018, nur werden sie es nie kriegen.

© SZ vom 09.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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