Kampagne:Neues Gesicht, neue Geschichte

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Zum "Diversity-Tag" zeigt die Klinik der LMU in einem Buchprojekt, wie vielfältig ihr Personal ist

Von Sabine Buchwald

Sylvester Umege ist in Nigeria aufgewachsen. Seine Kindheit war geprägt von dem Wunsch, katholischer Priester zu werden. Er half als Messdiener in seiner Gemeinde und begann, nach dem Abitur Theologie und Philosophie zu studieren. Eine Begegnung mit einer Ordensschwester brachte ihn nach München. Wenn er bei Heimspielen in der Fröttmaninger Arena dem FC Bayern zujubelt, dann ist er einer von vielen Fans. Auf den ersten Blick lässt sich nicht erkennen, dass er einen Master in Philosophie und zwei Kinder hat und als Teamassistent im Bereich Hygiene am Klinikum der LMU in Großhadern arbeitet. So wie sich die Zuschauermenge in einem Fußballstadion aus allen Gesellschaftsschichten zusammensetzt, so ist auch das Spektrum der Mitarbeiter und Patienten der 34 deutschen Universitätskliniken groß.

Darauf will an diesem Dienstag der Deutsche Diversity-Tag der Kliniken hinweisen. Die bundesweite Aktion gibt es bereits zum siebten Mal. Wie erfolgreich das Zusammenspiel von Menschen verschiedener Nationen und Kulturen in der medizinischen Versorgung sowie Forschung und Lehre funktioniert, machen alleine die Zahlen zweier Münchner Häuser.

Umege ist einer von mehr als 10 000 Beschäftigten in Bayerns größtem Klinikum. 116 verschiedene Nationalitäten arbeiten hier, 26 Prozent davon mit einem ausländischen Pass. Man betreibe keine Akquise für ausländische Patienten, so der Klinikdirektor Karl-Walter Jauch, denn der Fokus liege auf der lokalen und regionalen Patientenversorgung. Und doch kämen beispielsweise täglich fünf bis sechs Patienten mit Russisch als Muttersprache in die Ambulanz. Gezielte Anwerbung aus dem Ausland aber ist hingegen beim Personal dringend nötig. Kein Krankenhaus komme mehr ohne ausländische Pflegekräfte aus, sagt der Klinikchef. Dazu hat man mit "Care4Culture" ein spezielles Einarbeitungsprogramm entwickelt, das bei der Einreise unterstützt, bei der Anerkennung von Abschlüssen und mit gezielten Fortbildungen in der Einarbeitungszeit hilft.

Auch am Klinikum rechts der Isar arbeiten Menschen aus 86 Nationen mit 20 unterschiedlichen Religionen in 16o verschiedenen Berufsgruppen zusammen. Für den Ärztlichen Direktor Markus Schwaiger ist "diese Vielfalt einer der Schlüssel für das internationale Renommee" des Klinikums in Haidhausen.

Jauch setzt insbesondere auf Teamkultur, Fortbildungen als Wohlfühlstrategie und die Anerkennung von Einzelleistungen in der Vielfalt eines großen Hauses. Der Arbeitsdruck sei spürbar, die Anforderungen werden höher, so der Professor. Da sei eine Spannung vorhanden. "Doch wenn ich zufriedene Mitarbeiter habe, habe ich auch zufriedene Patienten", sagte er bei der Vorstellung eines 400-Seiten starken Buches anlässlich der Uni-Klinik-Kampagne "Wir sind Vielfalt". 100 Porträts erzählen von Menschen, die gerne am Klinikum arbeiten und wie sie sich in der Freizeit engagieren. Gesicht der Kampagne ist Valentina Duca, Hebamme aus Ancona, die nach ihrer Ausbildung keine Stelle in Italien finden konnte. Über eine Vermittlungsagentur kam sie nach München. Schwierigkeiten hatte sie anfangs vor allem, weil sie kaum Deutsch sprach. Heute lernt sie täglich dazu und sagt: "Die Vielfalt ist sehr präsent hier, auch bei den Patientinnen." Sie habe jeden Tag Kontakt mit einem neuen Gesicht und einer neuen Geschichte.

100 bemerkenswerte Geschichten vereint auch das Porträtbuch, aufgeschrieben von Elke Reichart. Die Fotografien von Andreas Steeger zeigen die Person im Berufsalltag und in einer typischen Situation in der Freizeit. Tanija Hüttl, Oberärztin und Anästhesistin, ist mit Mundschutz und auf der Weide neben einem Bullen zu sehen. Sie hat eine Rinderzucht aufgebaut hat. Serene Lee aus der chirurgischen Forschung, reist gern und ist deshalb häufig am Münchner Flughafen anzutreffen. Christian Stief, Direktor der Urologischen Klinik verbringt viele Sonntage in der Alten Pinakothek. Nach etwas Kunst und einem Kaffee sei er dann wieder fit für die Arbeit.

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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