Jugendhilfe in München:Sparpläne bleiben

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Die Stadt und das Jugendamt wollen bei der Heimunterbringung von Jugendlichen Kosten einsparen. Der CSU gefällt das gar nicht.

Michael Tibudd

Wegen der geplanten Kürzungen bei der Unterbringung von Jugendlichen in Heimen ist das Jugendamt in die Kritik geraten. Weniger Geld für schwer Erziehbare - und das nach der Sollner Bluttat? "Diesen Zusammenhang gibt es nicht", sagt die Leiterin Maria Kurz-Adam. Aus fachlicher Sicht sei klar, dass das überhaupt nichts miteinander zu tun habe: die geplanten Kürzungen bei der Heimunterbringung von Jugendlichen und der Fall der jungen Schläger, die am Samstag am S-Bahnhof Solln den Geschäftsmann Dominik Brunner getötet haben.

Das Sozialreferat will die steigenden Kosten in der Jugendhilfe in den Griff bekommen. Laut Hochrechnungen des Jugendamts wird man in diesem Jahr 20 Millionen Euro mehr benötigen als 2008, als der Etat bei 146 Millionen Euro lag (die SZ berichtete). Reduzieren möchte das Amt diesen Zuwachs, indem es künftig weniger Jugendliche in Heimen unterbringen will. Im Oktober soll der Stadtrat darüber beraten. Dabei soll es nach Aussagen von Vertretern der SPD wie der Grünen im Rathaus bleiben - auch wenn Kürzungen bei der Jugendhilfe in der aktuellen Situation nicht gerade naheliegend erscheinen.

Ein Heimtag kostet 150 Euro Die Einsparungen will die Stadt allerdings bei der Betreuung solcher Jugendlichen erreichen, die nicht als die ganz harten Fälle gelten. "Es geht um Verselbständigung", sagt die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Stadtrat Brigitte Meier. Es gehe also darum zu versuchen, die Jugendlichen eher zurück in ihre Familien zu bringen - begleitet von sozialpädagogischer Betreuung und Hilfe bei der beruflichen Orientierung.

"Ein Tag im Heim kostet 150 Euro", sagt Meier. Durch die Neuorganisation erhofft man sich, in vielen Fällen mit 80 Euro für die Betreuung auszukommen. "Auf keinen Fall würden wegen so etwas aber so schwierige Jugendliche wie die Beteiligten an dem Fall in Solln entlassen werden." Die Sparpläne von Jugendamt und Rathauskoalition waren besonders bei Münchner Heimträgern auf Kritik gestoßen - freilich auch, weil diesen dadurch einiges an Geld durch die Lappen geht.

CSU plädiert für mehr Prävention Die Konstellation führt dazu, dass sich nun die CSU-Fraktion zum Anwalt der vorsorgenden Betreuung macht. "Man muss höhere Ausgaben in diesem Bereich prüfen", sagte der sozialpolitische Sprecher Marian Offman der SZ. Prävention sei in jedem Falle "dringend notwendig". Niemand wolle den tragischen Fall politisch instrumentalisieren. "Aber man muss abwägen und Prioritäten setzen", sagte Offman. Er sieht etwa die von Rot-Grün geplante Förderung des Radverkehrs in Konkurrenz zur Jugendarbeit.

Mittels Stadtratsantrag regte die CSU-Fraktion indes an, in den öffentlichen Verkehrsmitteln mittels Aufklebern Verhaltenstipps für Ernstfälle zu geben. Die CSU erhofft sich überdies mehr Sicherheit vom Ausbau der Videoüberwachung im gesamten S-Bahnnetz.

Geschlossene Einrichtung für harte Fälle geplant Wie Jugendliche in München in Zukunft zumindest für einige Zeit geschlossen untergebracht werden können - bis jetzt gibt es keine Einrichtung der Stadt dafür - darüber soll kommende Woche der Kinder- und Jugendhilfeausschuss des Stadtrats diskutieren.

Es geht dann um den konkreten Ausbau einer bestehenden Einrichtung in der Pasinger Scapinellistraße. In dem "Jugendhilfezentrum mit freiheitsentziehenden Maßnahmen" sollen Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren bei Bedarf für einige Tage festgehalten werden können.

"Das soll immer flexibel bleiben und nach möglichst kurzer Zeit beendet werden", sagt Jugendamts-Chefin Kurz-Adam. Begrüßt wird dieser Plan etwa von Grünen-Stadträtin Jutta Koller vom Kinder- und Jugendhilfeausschuss. "Da können Jugendliche vielleicht mal drei Tage lang besonders intensiv betreut werden", sagt Koller. Insgesamt 14 Plätze sollen einst zur Verfügung stehen - wann die Einrichtung eröffnet, ist aber unklar.

© SZ vom 16.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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