Isar:Männer sollen Obdachlosen zu Tode geprügelt haben

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Vier Sicherheitsbeamte behielten die beiden Angeklagten vor dem Schwurgericht im Auge. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Mord aus Habgier vor. (Foto: Matthias Balk/dpa)
  • Im August 2014 findet ein Passant die Leiche eines Mannes an der Isar. Das Opfer wurde schwer misshandelt.
  • Zwei Obdachlose stehen nun vor Gericht. Ein dritter mutmaßlicher Täter ist inzwischen verstorben. Das Trio soll zuvor Streit mit dem Opfer gehabt haben.
  • Laut Anklage kam es in Folge des Streits zu einem Gewaltexzess.

Von Christian Rost

Ein Passant hatte den mit Hämatomen übersäten nackten Leichnam des Obdachlosen auf einer Isarinsel am Flauchersteg entdeckt. Der 50-jährige Jerzy C. war infolge brutaler Misshandlungen gestorben. Als mutmaßliche Täter ermittelte die Mordkommission nach und nach drei Obdachlose, die C. im Streit umgebracht haben sollen: Es ging offenbar um das Sammeln von Pfandflaschen.

Zwei dieser Männer müssen sich seit Mittwoch vor dem Schwurgericht am Landgericht München I wegen Mordes verantworten. Der dritte mutmaßliche Mittäter lebt nicht mehr. Er war in Nizza auf der Straße an einer Überdosis Drogen gestorben, ehe ihn die Polizei aufspüren konnte.

Worum es bei dem Streit gegangen sein soll

Laut Anklage hatte Jerzy C. öfter mit den drei anderen Obdachlosen auf der Isarinsel genächtigt. Auch am 25. August 2014 zogen die Männer dorthin zum Grillen, Baden und vor allem zum Trinken. Während Wein- und Wodkaflaschen die Runde machten, soll es Streit darüber gegeben haben, dass C. in den Revieren der anderen Flaschen gesammelt und bei der Pfandrückgabe ein paar Euro erlöst hat.

Die beiden Angeklagten Ireneusz D., 42 Jahre alt, Kasimierz S., 54, und der mittlerweile gestorbene Vitalijs T. warfen C. vor, sie nicht ausreichend am Pfandgeld beteiligt zu haben. Aus Wut darüber sollen sie sich laut Staatsanwalt Markus Koppenleitner dazu entschlossen haben, Jerzy C. "zu quälen, zu demütigen und zu töten".

Mit Drohungen und Schlägen zwangen sie ihr Opfer zunächst, sich komplett auszuziehen. Wehren konnte sich der Mann dagegen nicht, er war krank und konnte nur noch mithilfe eines Stocks gehen.

Wie die Angeklagten ihr Opfer gequält haben sollen

Was dann kam, war ein Gewaltexzess. Mit einer Vielzahl von Schlägen sollen die drei Männer C. über einen längeren Zeitraum malträtiert haben, um ihn zu bestrafen. Sie traten ihn, schlugen mit Fäusten auf ihn ein, mit einer Krücke aus Metall und mit Stöcken. Dass sie ihn vor seinem Tod quälen wollten, zeigt die Tatsache, dass sie vor allem auf seinen Genitalbereich und das nackte Gesäß einprügelten. Das Opfer trug aber auch Verletzungen am Kopf, Rücken, Oberkörper und den Extremitäten davon.

Der Mann habe die länger andauernden Misshandlungen bei Bewusstsein durchleiden müssen, so Staatsanwalt Koppenleitner, und das hätten die drei Täter auch so beabsichtigt. Mehr als 50 Prellmarken und zudem großflächige Einblutungen am Körper des Opfers stellte Rechtsmediziner Randolph Penning bei der Obduktion fest. Gestorben war Jerzy C., als sich eine gebrochene Rippe in seinen linken Lungenflügel gebohrt hatte.

Was die Angeklagten sagen

Weil die mutmaßlichen Täter von Zeugen gesehen worden waren, konnte die Polizei zwei Tage nach der Tat den ersten Verdächtigen festnehmen: Kasimierz S. Er sagte in seiner Vernehmung, er habe nur zugesehen, als die beiden anderen Obdachlosen C. geschlagen hätten. Ireneusz D., der sich nach der Tat nach Frankreich abgesetzt hatte und Monate später in Lyon gefasst wurde, stellte indes Kasimierz S. als Haupttäter dar.

D. sagte vor Gericht, auch er habe das Opfer geschlagen und getreten, weil ihm der Mann Geld geschuldet habe. Richtig losgegangen seien auf ihn aber die beiden anderen. S . habe sogar mit Krücken und einem Stock auf C. eingeprügelt. Schließlich hätten sie den Verletzten auf eine Matte gelegt, ihn mit einer Decke zugedeckt und ihn so an der Isar zurückgelassen. Er habe ihm noch eine halbe Flasche Wein hingestellt, sagte D.

Das vom Staatsanwalt unterstellte Mordmotiv wies er zurück. "Ich sammle keine Flaschen", sagte Ireneusz D., "dafür würde ich mich schämen." Wie er sich sonst Geld verschafft habe?, wollte der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann wissen. "Ich stehle", erklärte D. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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