Interview:Schöner, kühler und sauberer

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Alexandra Schmidt ist Landschaftsarchitektin und Beraterin im Begrünungsbüro von Green City. Sie erklärt Hausbesitzern, welche Pflanze am besten wohin passt. (Foto: privat)

Alexandra Schmidt über die Vorteile grüner Fassaden für Hausbesitzer

Interview von Martin Hammer, München

Seit eineinhalb Jahren gibt es das Begrünungsbüro von Green City. Alexandra Schmidt und ihre beiden Kollegen beraten Münchner Hausbesitzer, wie man graue Fassaden in grüne verwandelt.

SZ: Ein Investor will Schafe auf dem Dach im neuen Werksviertel grasen lassen, im Arabellapark soll ein Hochhaus hinter Pflanzen verschwinden - kommt der grüne Trend auch in München an?

Alexandra Schmidt: Es gibt ja keinen Zweifel mehr daran, dass das wegen des Klimawandels nötig ist, und international gibt es tolle architektonische Beispiele. Bei uns ist ab einer Dachgröße von 100 Quadratmetern die Begrünung von Dächern zwar heute schon vorgeschrieben. Dennoch könnte es mehr werden und zügiger vorangehen.

Woran scheitert es?

Die Entscheidung trifft der einzelne Hausbesitzer, der muss Geld in die Hand nehmen. Da gibt es oft noch Vorbehalte, und es fehlt am nötigen Wissen. Wir brauchen also Aufklärungsarbeit, Fördermittel und gesellschaftliche Wertschätzung für die Menschen, die das machen. Da könnte auch die Stadt mit ihren Gebäuden Vorbild sein.

Wie viele Häuser in München sind denn schon grün?

Meines Wissens ist das nirgendwo komplett dokumentiert. Wir versuchen auf unserer Internetseite, einen Überblick zu bekommen, da können Nutzer begrünte Häuser eintragen. Mit den schönsten Beispielen lässt sich dann vielleicht eine vielleicht eine Veranstaltung in der Art " Tag der offenen Gebäudebegrünung" initiieren.

Was bringt die Begrünung Hausbesitzern an Vorteilen gegenüber Ziegel und Beton?

Ein schönes Haus und ein grünes Umfeld sind Bausteine für das Wohlfühlen und das soziale Miteinander. Sie werden zudem merken, dass es vor allem im Dachgeschoss kühler wird, beim Lüften kühlere Luft hereinströmt, auch Luftschadstoffe werden gefiltert. Ein anderer Grund ist der Bautenschutz. Begrünte Oberflächen können Temperaturunterschiede stark minimieren, UV-Strahlung, Hagel und Wind von dem Gebäude abhalten.

Kann die Bepflanzung der Bausubstanz auch schaden?

Wenn man es richtig macht und richtig pflegt, nicht. Es ist aber am Bau allgemein so: Wenn man es falsch plant, gibt es Schäden. Unsere Aufgabe ist es, auf solche Probleme hinzuweisen. Wenn man etwa eine bereits beschädigte Fassade hat, darf man keinesfalls selbstklimmende Pflanzen dransetzen.

Muss man das Grün schon beim Bau einplanen oder kann man später umrüsten?

Natürlich ist es wirtschaftlich am besten, grüne Dächer oder Fassaden gleich von Beginn an in die Planungen einzubeziehen, das spart Kosten. Aber es geht auch im Bestand. Man muss nur jedes Gebäude individuell betrachten, welche Form der Begrünung mit welcher Pflanze Sinn macht.

Welche Formen gibt es denn?

Am häufigsten ist die Variante, bei der die Pflanze im Erdboden steckt und dann mit oder ohne Kletterhilfe nach oben wächst, wilder Wein, Efeu oder Rosen zum Beispiel. Relativ neu und noch nicht so erprobt ist die Begrünung, bei der Gefäße mit Pflanzen direkt an der Fassade befestigt sind. Dafür braucht man dann aber eine automatische Bewässerung.

Wie viel muss man als Hausbesitzer in etwa investieren?

Selbstklimmende Bodenpflanzen an einer Fassade hochwachsen zu lassen, kostet fast nichts. Bei Kletterhilfen kommt man auf 35 bis 95 Euro pro Quadratmeter, außerdem muss man für die Pflege jährlich zehn bis 20 Euro pro Quadratmeter rechnen. Die Dachbegrünung geht bei 30 Euro pro Quadratmeter los. Für die Investition gibt es aber auch Fördergelder der Stadt.

Lässt sich durch grüne Fassaden tatsächlich der Verlust von Grünflächen und Bäumen kompensieren?

Natürlich muss man auch weiter Bäume pflanzen, das bleibt vorrangig. Aber Grünflächen in der Stadt lassen sich nicht beliebig vermehren, also muss man sich Alternativen überlegen, und die gibt es praktisch nur noch in der Vertikalen oder auf den Dächern. Wenn Städte in Zukunft lebenswert bleiben sollen, kommen wir um das grüne Bauen nicht herum.

© SZ vom 03.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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