Prozess:"Das trinkt man bei uns im Norden"

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  • Ein 20-jähriger Fußballfan des HSV wurde zu einer Geldauflage von 900 Euro verurteilt.
  • Vor einem Spiel gegen den FC Bayern hatte er einen Polizisten beleidigt.
  • Zwar konnte er sich wegen 1,8 Promille nicht mehr richtig erinnern, trotzdem entschuldigte er sich vor Gericht.

Von Stephan Handel

800 Kilometer in einem Bus voller Fußballfans von Hamburg nach München, losfahren zu nachtschlafender Zeit, dazu die ziemlich sichere Aussicht auf eine Niederlage beim Auswärtsspiel - kein Wunder, dass angesichts dieser Situation ein junger Mann aus der Hansestadt vor genau einem Jahr vom Durst überfallen wurde. Es waren am Ende 1,8 Promille, die herrührten von einer ganzen Flasche Korn: "Das trinkt man bei uns im Norden". Der Kater kam verspätet: Das Münchner Amtsgericht verurteilte den 20-jährigen Mediengestalter zu einer Geldauflage von 900 Euro, weil er die Toleranz bayerischer Polizeibeamter überstrapaziert hatte.

Der Hamburger Sportverein sollte gegen den FC Bayern spielen, für den späteren Absteiger gegen den späteren Meister ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen. Weil die Spieler nicht durften, trank sich der spätere Angeklagte im Bus Mut an, so viel Mut, dass er beim Aussteigen an der Arena zu einem Mitreisenden sagte: "Schau dir mal die scheiß Lutscher an". Dabei lächelte er in Richtung eines bestimmten Mannes, der allerdings kein Lutscher war, sondern ein Mitglied des Unterstützungskommandos der Polizei.

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Der Fan-Tross durfte zunächst noch zum Stadion trotten, dort wurde der Mann dann aber von der Polizei herausgeholt. In der Sammelzelle des Stadions pustete er ins Röhrchen, der Alko-Test brachte das erwähnte Ergebnis. Der beleidigte Polizist sagte später im Prozess, dem Hamburger sei der Alkoholkonsum anzumerken gewesen, er habe aber keine "Mega-Ausfallerscheinungen" gezeigt.

Vor Gericht gab der Fußballfan dann alles zu - obwohl er sich selbst gar nicht mehr so recht an den Vorfall erinnern könne. Seine Freunde hätten ihm gesagt, dass wirklich alles so vorgefallen sei, wie es in der Anklage stand. Er bat den Polizisten um Entschuldigung und erklärte, er wisse schon, "dass das nicht geht". Allerdings habe er weder auf einen bestimmten Polizisten gedeutet, noch könne er sich erinnern, wie der Beamte aussah.

Unter dem Jugendstrafrecht wurde verhandelt, weshalb das Geld, das der Angeklagte bezahlen muss, eine Auflage ist und keine Strafe. Die Richterin wertete das Geständnis und die Entschuldigung zu seinen Gunsten, zu seinen Ungunsten allerdings die Tatsache, dass er bereits einmal wegen des gleichen Delikts vor Gericht stand. In einer Fankneipe in Hamburg hatte er einen Polizisten beleidigt und war dafür verwarnt worden. "Dem Angeklagten musste deshalb hier deutlich vor Augen geführt werden, dass derartige Beleidigungen gegenüber Polizeibeamten, die im Dienst den friedlichen und reibungslosen Ablauf von Fußballspielen sichern, nicht hingenommen werden können."

Das Spiel konnte er seinerzeit nicht anschauen, weil sich ja die Polizei um ihn kümmerte. Viel versäumt hat er - aus HSV-Sicht - allerdings nicht: Die Bayern gewannen 6:0.

© SZ vom 12.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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