So wortgewaltig der Kabarettist Andreas Rebers seit jeher ist, schon immer spielte auch die Musik bei ihm eine große Rolle. Ob in seinen Soloprogrammen, einst im Lach- und Schieß-Ensemble oder in TV-Sendungen wie dem "Scheibenwischer", die mit knorriger Stimme vorgetragenen, mal mit der "Strapsmaus", seinem Akkordeon, mal auf dem E-Piano begleiteten Songs waren oft Höhepunkte. Kamen darin doch Text und Klang, Rationalität und Emotion zusammen bei seinem lustvollen Spiel mit den Widersprüchen zwischen wahrem und behauptetem Leben, zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Versteht sich Rebers doch so virtuos wie kaum ein anderer darauf, sein Publikum aus der Reserve zu locken, indem er nur schwer erkennen lässt, was noch Ironie oder schon blutiger Ernst ist, bevorzugt bei stark belasteten Themen wie Religion, deutscher Identität oder Lifestyle-Idiotien. Was gesprochen oft verstörend wirkt, klingt mit Musik entweder versöhnlicher oder endgültig auf den Punkt gebracht.
So war es gewissermaßen ein Desiderat, jedenfalls ein von vielen gehegter Wunsch, Rebers möge doch einmal ein reines Musikalbum machen. Dem ist er jetzt mit der CD "Rebers Road And Radio Show" nachgekommen, sozusagen nach dem Motto der greisen Großmutter eines Freundes, die nach einer Vorstellung zu ihm sagte: "Herr Rebers, Sie sollten sich besser kleiden, weniger reden und mehr singen." Schon 2017 hat er also seine besten Songs zusammengetragen und sie von Hermann Weindorf arrangieren lassen. Er hat sich dann mit dem Ex-Philharmoniker (und Ex-Biermösl-Blosn-Kollegen) Christoph Well und Jazzinstituts-Chef Claus Reichstaller an Trompeten, Flügelhörnern und Hörnern, Manuel Lopez an der Gitarre, Alex Klier am Bass, Mathias Götz an der Posaune und Piet Wrba am Schlagzeug eine Profiband an die Seite geholt, mit der er schon 2008 anlässlich eines "Scheibenwischers" mit so großem Vergnügen zusammenspielte, dass das Projekt seither im Raum stand. Und alles wurde schließlich 2018 in Hermann und Berthold Weindorfs Münchner Weryton Studios professionell eingespielt.
14 erstaunliche Songs liegen da nun vor, "Kopfrock", wie sie Rebers nennt, "Arbeiterlieder für Fortgeschrittene" und "tanzbare Kapitalismuskritik". Mit letzterer geht es auch gleich los, im "Finale", mit dem der gerne widersinnige Rebers das Album natürlich beginnen lässt: "Völker, stürmt die Regale. Auf zum letzten Geschäft!" Gleich danach wird eine Verkäuferin besungen: "Sie lebt in einer Gutscheinwelt/ im Land der kleinen Preise. Die Tegelfrau bei Tengelmann/ schaut dich wie ein Engel an/ und fragt dann: Sammeln Sie Herzen?" Gegen den besinnungslosen Konsum, bei dem die Definition des Menschen als Endverbraucher obendrein gerne als fortschrittlich oder menschenfreundlich verbrämt wird, geht es auch im "Hightech Junkie" oder in "City-Coffee To Go".
Um die daraus resultierenden Deformationen dreht es sich auch bei den meisten anderen Stücken. Etwa in der - unter dem Eindruck des Charlie-Hebdo-Attentats entstandenen - Anklage von Dschihadisten aller Art "Bonjour Charlie", im mit den Klischees spielenden Kontinent-Porträt "Afrika" oder im wunderbaren "Taxi Fahrn"-Blues. Ohnehin ist hier vieles in Bewegung, folgt den Wegen und Irrwegen im Strom des Lebens. So ist Rebers' Album in der Tat ein musikalisches Road Movie. Und auch wenn es mitunter ordentlich losrockt, bleibt doch Melancholie die Grundstimmung, eine "Tristesse in beige", wie sie einmal besungen wird. Gegen die Ernüchterung über Zustände und Zumutungen, darüber, dass "die Klischees von heute früher Utopien waren", bleibt Rebers nur sein böser Humor als Waffe. Ironisch auf die Spitze getrieben in seiner Hymne aufs "Mikrofon": "Nehmt mir alles/ nehmt mir Tochter, Frau und Sohn/ aber um alles auf der Welt/ Nehmt mir nicht das Mikrofon." Wie würden wir.
Andreas Rebers: "Rebers Road And Radio Show" (WortArt)