Höhere Gebühren für Freischankflächen:Stadt vergrätzt die Wirte

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Schön ist Münchens Freiluftgastronomie auch im Moment, belebt allerdings etwas weniger. (Foto: Lukas Barth)
  • Das Kreisverwaltungsreferat hat die Gebühren für die Freischankflächen der Münchner Wirte kräftig erhöht.
  • Die Gebühren berechnen sich in München nach sogenannten Straßengruppen, in attraktiven Lagen sind die Gebühren höher als in Randgebieten.
  • Die Wirte wollen sich gegen die Gebühren und den deutlich größeren bürokratischen Aufwand wehren.

Von Andreas Schubert, München

"Ich glaub', mir bleibt die Spucke weg!" Das war die erste Reaktion von Ursula Horndasch, als sie am Mittwoch ihre Post öffnete. Horndasch ist Wirtin des Café Zimt in der Dreimühlenstraße. Weil sie auch draußen auf dem Bürgersteig Tische stehen hat, muss sie dafür Gebühren zahlen. Bisher betrugen diese 12,50 pro Quadratmeter und Jahr. Seit diesem Jahr sind 46 Euro dafür fällig. Statt bisher 600 Euro plus 150 Euro Verwaltungsgebühr muss sie nun 2208 Euro jährlich zahlen - "das ist das Allerletzte", sagt Horndasch.

Vergangenes Jahr hatte der Stadtrat beschlossen, die Gebühren für Freischankflächen zu erhöhen. Gleichzeitig wurden die Vorschriften liberalisiert. So galten probeweise an Freitagen und Samstagen verlängerte Öffnungszeiten bis 24 Uhr. Und Wirte müssen Freisitze nicht mehr jährlich neu gegen Verwaltungsgebühr beantragen, sondern nur einmal auf Dauer. So verkaufte die Stadt die Neuerung zumindest den Gastronomen. Doch das ist teuer erkauft, findet Horndasch. "Das Dreimühlenviertel ist nicht das Glockenbachviertel, in dem bis in die Puppen gefeiert wird", schimpft sie. Hier gehe es eher ruhig zu, deshalb sei es nicht nachvollziehbar, "dass wir hier genauso viel zahlen müssen wie am Sendlinger Tor".

Unterschiedliche Gebühren je nach Lage

Die Gebühren berechnen sich in München nach sogenannten Straßengruppen, die in die Kategorien 1, 2, 3 und S eingeteilt sind. Gruppe 1 gilt in weniger attraktiven und wirtschaftsträchtigen Lagen und ist die billigste mit nun zwölf Euro je Quadratmeter (vorher acht Euro), Gruppe S ist zum Beispiel die Innenstadt mit 77 Euro pro Quadratmeter, vorher 38,50 Euro. Da das Kreisverwaltungsreferat (KVR) im Zuge der Gebührenerhöhungen auch die Straßengruppen neu bewertet hat, erwischt es viele Wirte nun doppelt.

Auch Jan Oltznauer, Mitbetreiber des Bavarese und des Valentinstüberls, die direkt neben dem Café Zimt liegen, konnte den Bescheid zunächst nicht fassen. "Das ist absurd", findet er. Seine Kosten sind nun von 1340 auf 4416 Euro gestiegen. Er ärgert sich auch über die nüchterne Mitteilung des KVR, wenn er nicht mit den Gebühren einverstanden sei, müsse er eben seine Freisitze abmelden - ein Bescheid, den auch die anderen Wirte bekamen. Doch nicht nur das Dreimühlenviertel ist davon betroffen, auch andere Straßen, die den entsprechenden "wirtschaftlichen Wert" vorweisen, wie es eine Sprecherin des KVR ausdrückt. Sie verweist darauf, dass der Stadtratsbeschluss bereits am 8. April 2014 gefallen sei, "es kommt also nicht überraschend für die Wirte". Begründet wird die Erhöhung damit, dass man im bundesweiten Vergleich eher günstig gewesen sei, jetzt im "oberen Mittelfeld" liege.

Draußen wird nur im Sommer ausgeschenkt

Die Wirte allerdings stören nicht nur die ständig steigenden Ausgaben für Gebühren oder Mieten. Auch der bürokratische Aufwand nehme kein Ende mehr, sag Ursula Horndasch. So gilt seit November die Deklarationspflicht von Allergenen, was bei Lokalen mit wechselnden Tagesgerichten einigen Zusatzaufwand bedeutet. Und seit Einführung des Mindestlohns müssen Gastronomen sämtliche Arbeitsstunden erfassen und von den Mitarbeitern (auch von kurzzeitigen Aushilfen) gegenzeichnen lassen. "Das ist tagelange Arbeit", so Horndasch.

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Die neuen Gebühren wirken deshalb nicht unbedingt motivierend für die Gastronomen. Peter Schreiber etwa klingt am Telefon verzweifelt. Seit 25 Jahren betreibt er mit seinem Partner die Königsquelle in der Baaderstraße im Glockenbachviertel. Statt 375 zahlen die Wirte nun 1380 Euro. "Wenn das so weitergeht mit den Kosten und der Bürokratie, müssen wir aufhören, dann gibt es in der Stadt nichts Besonderes mehr, nur noch Fußgängerzonen mit Boutiquen und McDonald's", sagt er. Stephan Alof, Betreiber mehrerer Lokale, unter anderem der Miet-Bar Josef im Glockenbachviertel, wird sich beschweren: "Mich hat fast der Schlag getroffen." Es wäre okay gewesen, sagt er, die Abgabe anzupassen, aber sie zu verdreifachen, das sei nicht mehr nachvollziehbar. Die Betroffenen wurmt zusätzlich, dass die Gebühr auf ein Jahr berechnet wird, tatsächlich aber nur ein knappes halbes Jahr rentabler Betrieb im Freien möglich ist - wenn das Wetter mitspielt.

Ursula Horndasch sagt, vorerst werde sie die neuen Gebühren nicht zahlen. Sie wolle sich mit anderen Wirten zum Protest zusammentun. Ihr Nachbar Oltznauer hat bereits Kontakt zum Bezirksausschuss und zu einem Stadtrat aufgenommen.

© SZ vom 13.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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