Nun könnte man jeden, der etwas über die Geschichte der HFF erfahren möchte, einfach direkt zur HFF schicken. Denn dort ist die Front des schicken Gebäudes mit großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografien beklebt, die der Dokumentarfilmer und HFF-Professor Heiner Stadler während seiner eigenen Studienzeit gemacht hat. Wie Fenster in eine längst vergangene Zeit wirkt diese Fassadenbespielung, eine Zeit, in der Jeansjacken noch lässig waren und Telefone Schnüre hatten.
Stadler studierte in den frühen Siebzigerjahren an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), als diese noch nicht am Bernd-Eichinger-Platz angesiedelt war, sondern in einer herrlichen alten Villa in der Kaulbachstraße. Und wenn die Institution unter den staatlichen Kreativhochschulen in diesen Tagen 50-jähriges Bestehen feiert (mit Gala, Retrospektive und Open-Air-Jahresschau), dann hat sie insgesamt zwei Umzüge und eine ebenso bewegte Geschichte hinter sich. Eine, die man schwer mit ein paar, wenn auch kernigen Fotografien aufzeigen kann.
Also der Reihe nach: Der Lehrbetrieb wurde am 6. November 1967 aufgenommen, in einer Zeit, als Disneys "Dschungelbuch" in die amerikanischen Kinos kam und in der BRD das Farbfernsehen startete. Gegründet wurde die HFF bereits am 19. Juli 1966. Es war die Bayerische Staatsregierung, die die Verordnung zur Errichtung der "Hochschule für Fernsehen und Film zu München" verabschiedet hatte. Initiiert wurde sie unter anderen von Helmut Oeller, dem Direktor des Studienprogramms des Bayerischen Rundfunks. Zum (unvermeidlichen) Vergleich: Berlin, der ewige Konkurrent, war ein bisschen schneller gewesen. Willy Brandt hatte die Deutsche Film- und Fernsehakademie (dffb) bereits am 17. September 1966 eröffnet.
In der Münchner Anfangszeit, in der Villa in der Maxvorstadt, wo heute das Orff-Zentrum beheimatet ist und in der am Mittwochabend der SZ Kultursalon über die Bühne ging (siehe Interview), breitete sich der Esprit der Schule aus, durften sich Ton, Haltung und Experimentierfreudigkeit finden. Hier sind Werke wie Bernd Eichingers früher Gangsterfilm "Weihnachtsmärchen" (1974), Wolfgang Bülds Dokumentation "Punk in London" (1977) oder Roland Emmerichs alle Budgets sprengender Science-Fiction-Erstling "Das Arche Noah Prinzip" (1984) erdacht, konzipiert und abgenommen worden.
Die ersten HFF-Jahrgänge waren alphabetisch durchnummeriert. Prominenter Absolvent des A-Kurses, vor allem aber wegweisendes Talent für alle folgenden: Wim Wenders. Auf die spätere Frage, warum man damals nicht bedacht habe, dass das Alphabet nur 26 Buchstaben habe, gab es laut Hochschul-Chroniken die Antwort: "So weit hat damals keiner in die Zukunft gedacht." Die Jahrgänge nach dem Z-Kurs sind nach dem Jahr der Studienaufnahme benannt.
Ebenfalls keine Zukunft hatte jener erste Standort. Schon damals, zwischen 1967 und 1988, herrschte Platznot. Gelehrt wurde deshalb auch in den BR-Studios, bei der Bavaria in Geiselgasteig oder beim ZDF in Unterföhring. Zwischen 1988 und 2011 konnte man alle Studiengänge unter einem Dach vereinen, nachdem die Hochschule in eine ehemalige Bettfedernfabrik in der Frankenthaler Straße in Obergiesing gezogen war. 2007, zum 40-jährigen Bestehen, gab es den Oscar für den besten fremdsprachigen Film für Florian Henckel von Donnersmarck ("Das Leben der Anderen").
Die Aufbruchstimmung war signifikant: Ebenfalls 2007 wurde der Grundstein für den Neubau im Kunstareal gelegt. Seit 2011 gehen die Studenten hier ein und aus. Etwa 350 sind es derzeit, seit Herbst 2015 unter der ersten hauptberuflichen Präsidentin der HFF, Bettina Reitz. DieKommilitonen studieren Regie, Produktion, Drehbuch oder Kamera, Medienwissenchaft und Technik. Wahlfächer oder Zusatzangebote wie der von Doris Dörrie geleitete Lehrstuhl "Creative Writing" oder "VFX (Visual Effects)" tragen zum Renommee der Schule bei.
Wie auch die zahlreichen Namen, Werke und Preise, die untrennbar mit der Geschichte der HFF verbunden sind. Etwa 4000 Filme sind in 50 Jahren entstanden, zu den 1800 Absolventen gehören unter anderen Maren Ade ("Toni Erdmann"), Oscar-Gewinnerin Caroline Link ("Nirgendwo in Afrika") und Sönke Wortmann, dessen Abschlussfilm "Drei D" (1989) für den Studenten-Oscar nominiert wurde. Gewonnen haben in dieser Kategorie bereits Katja von Garnier, Florian Gallenberger, zuletzt Lennart Ruff ("Nocebo") und Alex Schaad ("Invention Of Trust").
50 Jahre HFF München , Retrospektive, Sa./So., 15./16. Juli, 11-19 Uhr, Open-Air-Jahresschau, jeweils von 21.30 Uhr an, Bernd-Eichinger-Platz 1