Hobbyimker in München:Herrscher über Völker

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Eine Biene sucht nach Blütenstaub. (Foto: dpa)

München gilt als die "Bienenstadt" Deutschlands. Doch der warme Winter lässt viele der 1200 Hobbyimker um ihre Bienen bangen.

Von Günther Knoll

In dieser Woche war es so weit: Sonnenschein, zweistellige Temperaturen, blühende Weiden und Krokusse. "Jetzt fliegen sie endlich", denkt der Laie. Felix Remter hat die Bienen den ganzen Winter über aktiv gesehen. Er ist Stadtimker, hat einige Völker mitten in München im Garten des Museums "Fünf Kontinente" und einen Teil in Daglfing bei seinem Vater.

Tobias Kiel, Fachwart im Verband der Bayerischen Bienenzüchter, hat bereits die ersten Spürbienen gesehen, die die Umgebung nach Nahrung absuchen, um dann per Schwänzeltanz ihrem Volk mitzuteilen, wo es schon etwas zu holen gibt.

Gleich, ob einer nur fünf Völker hat wie Remter oder aber hundert wie der Nebenerwerbsimker Kiel, für alle Imker hat damit das Bienenjahr begonnen. Das wird laut Remter heuer besonders spannend, denn der warme Winter habe dazu geführt, dass die Bienen keine echte Winterpause eingelegt hätten und dass sie dadurch geschwächter und anfälliger seien als sonst. Möglicherweise würden manch andere Imker heuer deshalb "viele Medikamente brauchen", vor allem gegen die Varroa-Milbe, sagt Remter.

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Der Weg zur Imkrerei: Theoriekurse und ein zweijähriges Praktikum

Um diesen Schädling, der ganze Bienenbruten ausrotten kann, wirkungsvoll zu bekämpfen, brauche man schon einige Erfahrung, wie Lehrwart Kiel weiß. Der gelernte Imkermeister ist viel unterwegs, um theoretische Kurse für Einsteiger zu halten. Früher hat er dabei nur fünf oder sechs Teilnehmer unterrichtet, inzwischen zählt er bis zu fünfzig. Die Nachfrage bleibe ungebrochen, doch "die Theorie allein macht's noch nicht", sagt Kiel, deshalb gebe es den " Imker auf Probe", ein zweijähriges Praktikum bei einem erfahrenen Imker, danach bekommen die Jungimker ihr Zertifikat. Und "25 Prozent bleiben bei der Stange", weiß Kiel.

Nach einem massiven Bienensterben vor gut 30 Jahren mit entsprechendem Medienecho ist das Interesse an der Imkerei deutlich gestiegen. Und München gilt als die "Bienenstadt" in Deutschland. Der Ortsverein ist der größte deutschlandweit, wie der Kreisvorsitzende der Imkerverbände Peter Hammerer weiß. Im Verband sind gut 900 Imker organisiert, in München werde es inzwischen an die 1200 geben, sagt Hammerer, "auch welche, die da wild dahin imkern".

Rechnet man pro Imker im Schnitt fünf Völker, von denen jedes im Sommer rund 40 000 Bienen hat, dann gibt es in München knapp eine Viertelmilliarde von diesen Insekten. Die Besitzer sind, da sind sich Remter, Kiel und Hammerer einig, zuerst an der Natur interessiert und dann erst am Ertrag, dem Honig.

Für die Imkerei braucht man im Grund nicht viel Aufwand zu treiben. Es genügt eine Holzkiste, einen Meter lang, einen halben Meter breit, 20 Zentimeter hoch, die praktisch überall aufgestellt werden kann: im Kleingarten, auf der Dachterrasse, auch auf dem Balkon. Dazu theoretisches und praktisches Wissen über die Bienen und natürlich ein oder mehrere Völker.

Der Zeitaufwand ist überschaubar, und mit einer Investition von tausend Euro sei man dabei, sagt Kiel. Sein Onkel habe "schon immer" Bienen gehabt, und er hatte das auch lange vor. "Mir ist dann ein Schwarm zugeflogen", das gab den Ausschlag. Remter versuchte sich einen Schwarm einzufangen, was ihm schließlich auch gelang. Im großen Stil imkern wollen die wenigsten, wie Fachwart Kiel weiß. Bei ihm selbst gehen fünf oder sechs Jungimker "in die Lehre" - um "erfolgreicher Imker" zu werden. Dieses Zertifikat sei nötig, um Fördermittel zu bekommen und die Zulassung für das Aufstellen der Bienenstöcke.

Sogar die Polizei München hält Bienen über den Dächern. (Foto: Stephan Rumpf)

Kiel hat seine Völker derzeit im Ampertal bei Freising stehen, im Sommerhalbjahr reist er damit durch ganz Deutschland, damit die Bienen genügend Nahrung finden: Robinienblüte bei Berlin, dann die Linde weiter nordwärts und zum Schluss die Heide bei Lüneburg. Das haben Stadtimker nicht nötig: In München blüht immer genug, der Münchner Honig habe deshalb einen ganz eigenen Geschmack, schwärmt Remter, das mache "die Süße der Linde".

Endlich weg von den Medikamenten

Die Stadt sei für die Bienen so geeignet, das inzwischen auch andere Imker ihre Völker hierher brächten. Denn die Monokulturen in der Landwirtschaft und die ausgeräumte Landschaft haben den Bienen vielerorts Nahrungsmöglichkeiten genommen. Dabei würden mehr Hobbyimker auch dem Land gut tun, sagt Hammerer, die Mitgliederzunahme spiele sich hauptsächlich in den Ballungszentren ab.

Seine Kollegen in München, so sagt Stadtimker Remter, seien insgesamt doch ökologischer ausgerichtet als mancher Imker auf dem Land. Der Ethnologe, der an der Ludwig-Maximilian-Universität arbeitet, ist auch Kameramann und hat eine Produktionsfirma. Natürlich hat er auch einen Film über Bienen gemacht. Und er hat ein Ziel: Die Gemeinschaft der europäischen Buckfastimker bemüht sich, "möglichst bald weg von den Medikamenten zu kommen", das müsse man unterstützen.

Münchner Stadtimker arbeiten derzeit an einem Projekt, Bienen wieder in ihrem ursprünglichen Lebensraum, in Baumhöhlen, zu halten. Dort hätten sie die angestammten Symbionten und seien so resistenter. Denn selbst wenn die Zahl der Imker weiter zunimmt, "die Bienen sind nicht aus dem Schneider," lautet Peter Hammerers Fazit.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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