Hells-Angels-Rocker vor Gericht:"Das ist hier keine Kneipe!"

Lesezeit: 2 min

Die lebenslange Haft für die Führungsriege der Hells Angels gilt als empfindlicher Schlag gegen die organisierte Kriminalität in Berlin. (Foto: Franziska Kraufmann/dpa)
  • Die Rocker sollen in einem Club auf ihre Opfer eingeschlagen und -getreten haben.
  • Bei der Verhandlung grinsen, lachen, winken die anwesenden muskelbepackten Männer - sodass dem Richter schließlich entfährt: "Das ist hier keine Kneipe!"
  • Die Staatsanwaltschaft lässt prüfen, ob für einen der Angeklagten eine Sicherungsverwahrung infrage kommt.

Von Susi Wimmer

"Love and respect", mit diesen Worten enden die Briefe, die die drei bulligen Angeklagten aus dem Knast an ihre Kumpels schreiben und die Richter Frank Zimmer gerade verliest. Das Video, das dann an diesem Montagvormittag im Gerichtssaal B 273 auf der Leinwand flimmert, hat allerdings weder mit Liebe noch mit Respekt zu tun: Es zeigt, wie zumindest zwei der angeklagten Hells-Angels-Rocker im Crowns Club an der Rosenheimer Straße regelrecht explodierten, auf ihre Opfer einschlugen und -traten, sogar Absperrgitter auf sie warfen. Einem von ihnen droht aufgrund etlicher vorangegangener Gewaltdelikte die Sicherungsverwahrung.

Fast sieht es nach einem netten Kaffeekränzchen vor dem Landgericht München I aus: Der Zuschauerraum ist voll von mit Muskeln aufgeblähten Männern, die "Hells Angels" auf ihrer Haut tätowiert oder die Nase eingeschlagen haben. Sie grinsen, lachen während der Verhandlung, winken - und die Angeklagten grinsen und grüßen zurück. Als ein Anwalt nach einer Sitzungspause Multivitaminsaft an die angeklagten Rocker verteilt, entfährt es Richter Zimmer: "Das ist hier keine Kneipe!"

Hamburg
:Razzia nach Fund Hunderter Kilo Rauschgift

In einem Lkw hat die Polizei eine große Menge Betäubungsmittel entdeckt. Die Spuren führen ins Hamburger Rockermilieu. In der Nacht haben Beamte mehrere Haftbefehle vollstreckt.

Was die Staatsanwältin Nina Prantl den Angeklagten Daniel W., 30 Jahre alt, Caner K., 29, und Erkan A., 28, vorhält, zeigt das Trio in anderem Licht: In der Nacht auf den 31. Oktober des vergangenen Jahres rastete vor allem Daniel W. im Crowns Club, einem bevorzugten Treffpunkt der Rocker, mehrmals völlig aus. Nach einem verbalen Disput gegen 5.20 Uhr schubste Daniel W. einen der Gäste, und als Togay D. schlichten wollte, griff Caner K. mit ein. Sie prügelten auf D. ein, aber auch noch auf andere Unbeteiligte, schlugen ihre Opfer mit Flaschen ins Gesicht und traten zu. Selbst als sie den Club verlassen sollten, verpasste auch Erkan A. dem Schlichter noch einen Faustschlag. Die Anklage lautet auf gefährliche Körperverletzung.

Vor der Diskothek eskalierte die Situation erneut. Man sieht Daniel W. und Caner K., wie sie wie von der Tarantel gestochen Absperrgitter hochwuchten und auf Togay D. werfen. Ein Hocker fliegt durch das Bild, es wird weiter wahllos geschlagen und getreten. Zwei Besucher des Clubs erlitten leichte Verletzungen, Togay D. wurde stationär in einer Klinik behandelt. Jochbein und Augenhöhlenboden waren auf der linken Seite gebrochen, die Augenhornhaut abgeschürft. Bereits im Januar 2017, so die Anklageschrift, hatte Caner K. auf der Tanzfläche des Crowns Clubs ebenfalls eine Schlägerei angezettelt, bei der mehrere Gäste leicht verletzt wurden.

Wodka, Whisky, Koks und Cannabis, das führen W. und K. über ihre Anwälte als Ursache für ihre Ausraster an. Sie räumen die Vorwürfe ein, "es gibt nichts zu beschönigen", sagt ein Anwalt. Lediglich Erkan A. bestreitet sie, er habe nur seine Freunde heimbringen wollen. Am Tag nach der Schlägerei habe er den Eindruck gehabt, die Beiden "wissen nichts mehr, und es hat ihnen sehr leid getan". In einem Brief aus dem Knast schreibt er, dass er zu gutmütig sei; er wolle nie wieder mit egoistischen Leuten zu tun haben. Später zwinkert er seinen Kumpels auf der Anklagebank zu.

Die Staatsanwaltschaft lässt prüfen, ob für Daniel W. eine Sicherungsverwahrung infrage kommt. Das heißt, der 30-Jährige bliebe nach Verbüßen seiner Haftstrafe eingesperrt. Der Prozess ist bis Ende Januar terminiert.

© SZ vom 11.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: