Happy Hour:Man kennt sich

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In Evelinas Bistro Bar treffen sich die Stammgäste fast täglich, viele wohnen ums Eck

Von Anna Hoben

Der Raum ist in warmen Farben gestrichen. An der Bar stehen keine Hocker. "Ich wollte kein Stüberl", sagt die Betreiberin Evelyn Aretz. (Foto: Robert Haas)

Ein früher Abend unter der Woche, vier Damen sitzen an einem Tisch und spielen Karten, einmal im Monat treffen sie sich zum Schafkopfen. Es wird viel gelacht und geredet, dann kommen die Suppen, und die Karten werden vorübergehend beiseite geräumt. Nach dem Essen nimmt die Runde das Spiel wieder auf, eine Weile später fliegt die Tür auf, ein Stammgast namens Markus tritt ein, schaut sich um und ruft erstaunt aus: "Heut' bin ich der Hahn im Korb, ja leck' mich am Arsch."

Er platziert sich auf einem der hohen Hocker am Fenster und schaut nicht unzufrieden drein. Der Chefin erzählt er kurz darauf von seinen Neujahrsvorsätzen, keine Zigaretten mehr, Fitnesstraining wieder begonnen, "vielleicht werd' ich dann sogar 54". Etwas trinken will er aber schon, natürlich. So ist das in Evelinas Bistro Bar. Man kennt sich, man kommt oft vorbei, manche lassen sich fast täglich blicken, so wie Cosy Pièro, eine mittlerweile 80 Jahre alte Künstlerin, die in den Sechzigern und Siebzigern selbst ein bekanntes Lokal geführt hat: "Bei Cosy" am Elisabethplatz. Die meisten Stammgäste wohnen in der Nachbarschaft, alle möglichen Berufe sind vertreten, unter 30-Jährige verirren sich selten in das kleine Bistro, "nach oben ist die Grenze offen", sagt Evelina.

Sie heißt in Wirklichkeit Evelyn Aretz und ist 50 Jahre alt, ihre Bistrobar betreibt sie seit Oktober 2015. Sie hatte schon länger damit geliebäugelt, sich selbständig zu machen, doch lange fehlte das passende Lokal. Dann stand der kleine Laden in der Maxvorstadt zum Verkauf, Schleißheimer Straße, beim Görreshof, ganz in der Nähe von Aretz' Wohnung - sie griff zu. Sie kommt aus der italienischen Gastronomie, mit der Arbeit hatte sie sich ursprünglich ihr Studium an einer privaten Schauspielschule finanziert und war dann dort hängen geblieben: im Service, an der Bar, als Köchin. Fünf bis sechs kleinere Gerichte (Eintöpfe, Pasta, Salate, 7,50 bis 10,50 Euro) stehen bei "Evelina" nun auf der Tafel an der Wand, zwei- bis dreimal wöchentlich wechselt das Programm. Dabei legt Aretz Wert auf frische, saisonale und regionale Zutaten. Dazu gibt es eine Auswahl vor allem italienischer Weine (0,2 Liter für 4,50 bis 5,90 Euro), die Halbe Augustiner aus der Flasche kostet 3,40 Euro.

Der Raum ist in warmen Farben gestrichen. An der Bar stehen keine Hocker, "ich wollte kein Stüberl", sagt die Betreiberin. Gemütlich sitzen können in dem kleinen Bistro etwa 25 Leute, im Sommer gibt es draußen zusätzliche Sitzplätze. Jetzt im Winter wird wahrscheinlich gleich die nächste Stammbesucherin hereinschneien und ihre Tasche in irgendeine Ecke pfeffern. Denn bei Evelina, da sind sie sich hier einig, ist es wie zu Hause.

© SZ vom 12.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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