Hadern:Parkdilemma am Waldrand

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Der Campus Martinsried liegt weit außerhalb der Innenstadt. Parken kostet sieben Euro pro Tag. (Foto: Stephan Rumpf)

Seit die Ludwig-Maximilians-Universität von ihren Studenten Gebühren für Auto-Standplätze auf dem Campus Martinsried verlangt, klagen Anwohner über zugestellte Gehwege und versperrte Anfahrten

Von Berthold Neff, Hadern

Wer von den 950 Jahren, die Hadern mittlerweile auf dem Buckel hat, zumindest einen Teil - etwa die vergangenen sechs Jahre - als Beobachter im Bezirksausschuss erlebt hat, traute in der jüngsten Sitzung des Stadtteil-Gremiums seinen Augen kaum: Der Nebenraum der Gaststätte Mehlfeld's, Tagungsort der Stadtviertelvertreter, erwies sich angesichts des Ansturms der Bürger als viel zu klein. Wirt Christian Mehlfeld brachte eilig zusätzliche Stühle, doch einige der zwei Dutzend Gäste mussten dennoch stehen.

Was war passiert, welcher Skandal bahnt sich an im Viertel, was treibt diese Menschen auf die Barrikaden? Allerdings wollte zunächst keiner von ihnen etwas sagen, als Johann Stadler, CSU-Stadtrat und Vorsitzender des Gremiums, sie unter dem Punkt "Die Bürgerinnen und Bürger haben das Wort" dazu einlud. Sie warteten auf den Punkt 4 des Nachtrags - der Diskussion über die Parksituation in der Waldhüterstraße. Und dann entlud sich ihr Ärger in immer neuen Wellen, obwohl der Bezirksausschuss möglicherweise mit der Malaise nur am Rande zu tun hat.

Wie der Name schon sagt, liegt die Straße idyllisch in der Nähe des Waldes, der Hadern an seinem westlichen Rand von Nachbarn Planegg trennt. Die Bebauung ist typisch für einen solchen Vorort, Ein-, bestenfalls Zweifamilienhäuser reihen sich entlang der Straße, die von der Würmtalstraße nach Norden zur Gräfelfinger Straße führt. Es könnte idyllisch sein in dieser Gegend, doch seit die Ludwig-Maximilians-Universität auf dem Campus Martinsried ihre Biologie-Institute aus dem Boden gestampft hat, ist es offenbar die Hölle.

"Die Studenten nehmen uns die Parkplätze weg", klagte eine Frau, "und selbst auf den Gehwegen ist kein Durchkommen mehr", ergänzte eine andere. Ein Bürger machte als Wurzel dieses Übels aus, dass auf dem großen Parkplatz des Klinikums Großhadern seit gut einem Jahr - seit dem 7. April - das Parken nur noch gegen Gebühr möglich ist. Jede Stunde kostet einen Euro, die Tagesgebühr beträgt sieben Euro. Anwohner aus der Waldhüterstraße hatten bereits im Mai 2015 auf das Dilemma aufmerksam gemacht und gefordert, das Klinikum solle den Studenten die Parkplätze kostenlos anbieten. Mittlerweile hat sich die Situation durch die Eröffnung weiterer Institute in Martinsried verschärft.

Immer wieder haben Anwohner der Waldhüterstraße die Polizei gerufen, wenn zum Beispiel ihre eigene Anfahrt durch parkende Autos versperrt war. Viel Spielraum zum Eingreifen haben die Beamten jedoch nicht, wie Wolfgang Dausses, Erster Polizeihauptkommissar von der zuständigen Polizeiinspektion 41, ausführte. Die Bewohner der Waldhüterstraße hätten keinerlei Sonderrecht, den Platz vor ihrem Haus selbst zum Parken zu nutzen. Dieser öffentliche Straßenraum stehe allen Fahrzeughaltern gleichermaßen offen. Und selbst dann, wenn ein Fahrzeug die Einfahrt zu einer Garage zuparke, müsse von der Polizei nicht zwangsläufig das Abschleppen veranlasst werden. Der Garagenbesitzer müsse vielmehr tatsächlich genau dann wegfahren wollen, damit ein solches Eingreifen möglich sei.

Und was wäre, wenn die Stadt für dieses Gebiet das Parkraummanagement einführe? Wolfgang Dausses dämpfte auch diese von den Bürgern geäußerte Hoffnung. Bisher habe man das privilegierte Parken für Bewohner nur innerhalb des Mittleren Rings sowie ein paar Brandherde außerhalb eingeführt. Derzeit wird geprüft, ob zu den bisher 62 Parklizenzgebieten weitere stoßen, etwa in Gebieten Thalkirchens, rund um den Rotkreuzplatz, in Milbertshofen und in Bogenhausen. Hadern ist nicht darunter.

Parkausweise für Anwohner kosten 30 Euro pro Jahr und werden nur ausgestellt, wenn man ein Auto, aber keinen Stellplatz oder keine Garage hat. In der Regel gilt das Vorrecht der Anwohner nur werktags in der Zeit von 9 bis 23 Uhr. Nach längerer Debatte vereinbarte man dennoch Folgendes: Die Polizei wird sich ein paar neuralgische Punkte, wo parkende Autos die Kinder auf dem Schulweg gefährden, genau anschauen. Und - das beantragte Renate Unterberg (Grüne) - ein Mitarbeiter des Kreisverwaltungsreferats soll im Bezirksausschuss darüber referieren, wie man auch hier im Viertel eine Parklizenzierung durchsetzen könnte.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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