Hadern/Laim:Stöpsel im Verkehr

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Trotz massiver Kritik aus dem Nachbarbezirk beschließt der Stadtrat, die Durchgangsstraße im künftigen Neubaugebiet Ludlstraße zu beruhigen und auf einer Strecke von 100 Metern zu sperren. Die Anwohner fürchten, in der Falle zu stecken

Von Andrea Schlaier, Hadern/Laim

Gefangen wie in einer Mausefalle. Dieses Gefühl könnte künftig den ein oder anderen Autofahrer beschleichen, der versucht, seinen Wagen aus dem Zwickel zwischen Menari-, Senftenauerstraße und Lindauer Autobahn vor allem in Richtung Süden zu lenken. Davon geht jedenfalls der Laimer Bezirksausschuss (BA) aus, nachdem sich durchsetzt, was die Stadtplaner vorschlagen: Im Herzen des gerade neu entstehenden Quartiers der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag wird die Ludlstraße auf einer Länge von hundert Metern für den motorisierten Verkehr gesperrt. Damit soll die Aufenthaltsqualität der knapp 1200 Mieter, die Anfang 2021 die Siedlung beziehen, auf diesem Abschnitt steigen. Toleriert werden dort dann nur noch Fußgänger und Radfahrer. Die Vorlage ging am Donnerstag in der Sitzung des Planungsausschusses im Stadtrat mit den Stimmen von SPD und Grünen durch.

Bezirksausschuss-Chef Josef Mögele (SPD) hatte angekündigt, in der Stadtratssitzung Rederecht zu beantragen, um das Veto seines Bezirks einzulegen. Weil sich nach internen Gesprächsrunden im Rathaus aber abgezeichnet habe, dass die Sperre trotz der Einwände mehrheitlich durchgehen werde, habe er, Mögele, zurückgezogen - aus Ärger, dass dieses Problem nicht weiträumiger betrachtet werde.

Die Laimer Lokalpolitiker prognostizieren für den an die Ludlstraße angrenzenden, oft beidseitig zugeparkten und damit eingeengten Straßenraum eine veritable Verstopfung und ein gefährliches Gedränge vor dem Schulkomplex an der Senftenauerstraße. "Das Problem ist der Verkehrsabfluss", konstatiert Mögele. "Das muss man sich in viel größerem Umfang anschauen; auch die Erschließung für die Fahrradfahrer, die nach aktueller Planung nicht ungefährlich ist."

Sackgasse mit Autobahnanschluss: überraschendes Ende der Senftauerstraße. (Foto: Robert Haas)

Ein eigens von der Gewofag in Auftrag gegebenes Verkehrsgutachten ist dagegen zu dem Schluss gekommen, dass eine Unterbrechung der Ludlstraße nur eine "geringe Mehrbelastung" auf die Menari- und Senftenauerstraße bewirke und damit problemlos abgewickelt werden könne. Das Neubaugebiet Ludlstraße selbst liegt bereits im Nachbarbezirk Hadern. 373 Wohnungen entstehen dort gerade, außerdem reichlich soziale Infrastruktur. Bereits seit Beginn der Baustelle ist eine Durchfahrt durch die Ludlstraße nicht mehr möglich. Zum Kollaps sei es deshalb ringsum nicht gekommen, sagen die Verkehrsplaner. Doch durch die künftigen Nachbarn, prognostizieren die Laimer, sehe man den dichteren Verkehr eingeklemmt zwischen der direkt angrenzenden A 96 im Süden, Senftenauer- und Menaristraße.

Baustelle Ludlstraße: Hier entstehen zurzeit 373 Wohnungen. (Foto: Robert Haas)

Im Verkehrsgutachten, das die Gewofag als Grundlage für die dauerhafte Sperrung in Auftrag gegeben hat, heißt es, dass sich das Verkehrsaufkommen durch die Neuzugezogenen um etwa 1050 Autofahrten täglich erhöhe. Wenn man die darüber hinaus anstehenden Neubauten hinzurechne, als da wären weitere 95 Wohnungen an der Ludlstraße und 350 samt Kindergarten im Westen der Saherrstraße, ergebe sich ein "Neuverkehr" von 2200 Fahrzeugen am Tag. Durch die teilweise Abkopplung der Ludlstraße trete nur eine "geringe Mehrbelastung" von 150 bis 250 Fahrzeugen täglich auf der Menari- und Senftenauerstraße auf. Auf Spitzenzeiten umgerechnet sei das ein zusätzlicher Wagen alle zwei Minuten. Dies könne an den umliegenden Knotenpunkten Ludlstraße/Menaristraße, Ludlstraße/Senftenauerstraße/Käpflstraße sowie Senftenauerstraße/Menaristraße/Guido-Schneble-Straße "problemlos abgewickelt werden".

Die Laimer zeichnen ein ganz anderes Bild: Wer vom östlichen Sperrungsende der Ludlstraße und der dortigen Ausfahrt der neuen Tiefgarage des Quartiers künftig gen Süden wolle, könne nicht nach rechts in die Senftenauerstraße abbiegen: sonst lande er auf der Autobahn. Somit bleibt nur der Weg nach links gen Norden, über die Senftenauerstraße zur Guido-Schneble-Straße und dann Richtung Fürstenrieder Straße. Ein veritabler Hakenschlag. Nicht verlockender ist's, von der Senftenauerstraße nach links in die Menaristraße Richtung Schröfelhofstraße einzufädeln, die schmal ist und nicht mal Platz für eine Radlspur hat. Zudem grenzt dort die Grundschule Senftenauerstraße an, die bereits nach den Sommerferien in eine sechszügige Einrichtung erweitert wird - inklusive erheblichem Baustellenverkehr.

Autofahrer, die auf der Senftenauerstraße von Westen kommen und Richtung Hadern wollen, warnt man in Laim, bemerkten nicht, dass sie in eine Sackstraße steuern: am Ende lauert die Autobahneinfahrt Richtung Pasing. Darauf weise bislang zwar ein leicht zu ignorierendes Schild hin. Über die dann abgehängte Ludlstraße gebe es keinen Weg zurück und zum Umkehren vor der Autobahn fehle eine Wendeplatte. Über die Käpflstraße kann nichts abfließen: Einbahnstraße. Den Radlern, die genau dort in den Schulmeierweg einfädeln, kämen die Pkw in die Quere. In Laim wird gemahnt, dass dort besonders viele Schüler auf dem Weg zum Ludwigs- und Erasmus-Grasser-Gymnasium unterwegs seien. "Wir haben nichts gegen autofrei,", sagt Mögele, "aber man muss doch sehen, wie man aus der Ecke wieder raus kommt." CSU-Stadträtin Alexandra Gaßmann verweist auf das "wissentliche Vorbeileiten des ganzen Verkehrs an Kita und Schule Senftenauerstraße. Das ist für mich fahrlässig!"Ihre Stadtratsfraktion hat bis auf den Haderner BA-Vorsitzenden Johann Stadler gegen die Sperre gestimmt, ebenso wie FDP und Bayernpartei.

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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