Hadern:Bei den Leuten im Wald

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Zunächst ein abgelegenes Gut, dann Klosterbesitz, dann ein Bauerndorf - Hadern wird 950 Jahre alt

Von Berthold Neff, Hadern

Zuletzt musste alles ziemlich schnell gehen. Grob geschätzt blieb dem Team, das die Festschrift für die 950-Jahr-Feier Haderns vorbereitete, für jedes Jahrzehnt dieser langen Geschichte nur ein Tag. Nun aber, nach intensiver Arbeit, die im vergangenen Dezember begonnen hat, ist auf Hochglanzpapier dargelegt, wie dieser Ort sich vom frühen Mittelalter bis heute entwickelt hat, wie aus einigen Gehöften im Grunde eine Kleinstadt entstand.

Ganz am Anfang ist eher wenig passiert in der Historie Haderns, dessen Beginn an einem Eintrag in den Annalen des Klosters Ebersberg festzumachen ist. In der Amtszeit des Abtes Wilram, die von 1048 bis 1085 dauerte, notierte ein Mönch, dass eine edle Frau namens Imia dem Heiligen Sebastian (somit also dem Kloster) ein Gut schenkte, das sie im Dorf Haderun besaß. Heute erinnert die Immastraße in der Nähe des Klinikums an die edle Stifterin. Das Wort "Haderun", aus dem sich der spätere Dorfname entwickelte, bedeutete damals in etwa "bei den Leuten im Wald". Wann genau der Mönch die Schenkung notierte, weiß heute niemand; aber irgendwann einigten sich die Forscher, diese erste urkundliche Erwähnung und damit die Geburtsstunde Haderns auf das Jahr 1066 zu datieren - genauso gut könnte es auch 1065 gewesen sein.

Wie auch immer, so richtig kamen die Siedlungen Klein- und Großhadern, die sich später zur Gemeinde Großhadern vereinten, nicht voran. Die meisten Höfe befanden sich im Besitz des Klosters Benediktbeuern, in Kleinhadern hatte das Kloster Schäftlarn das Sagen. Das änderte sich erst durch die gegen 1802 begonnene Säkularisation, sie befreite die Bauern von der Leibeigenschaft. Auf den etwa zwei Dutzend Bauernhöfen, die sich um den historischen Dorfkern an der Heiglhofstraße gruppierten, zog langsam Wohlstand ein. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts erbauten sich die Haderner ihre Dorfkirche Peter und Paul.

Sehr übersichtlich: So sah ein Zeichner, der diese kolorierte Postkarte um 1907 gestaltete, das Dorf Großhadern. (Foto: Geschichtsverein Hadern)

Gut ging es den Menschen nicht in dieser Zeit. Sie hatten Seuchen zu überstehen und mussten ihr Leben immer wieder vor marodierenden Soldaten retten. Die Wölfe aus den umliegenden Wäldern dezimierten ihr Vieh, die Grundherrn forderten den Frondienst. Im Dreißigjährigen Krieg war es besonders schlimm, wie aus einem Brief des Pflegers von Starnberg an den Kurfürsten aus dem Jahr 1646 hervorgeht: "Sobald ein Bauer Korn drischt, sind sofort Reiter da und nehmen es ihnen vor dem Gesicht fort, man sperrt sie ein und lässt sie so lange dreschen, bis sie vor Mattigkeit umfallen. Können sie nicht mehr aufstehen, so werden sie erschlagen oder schlimmer als ein Hund verprügelt."

Zwei Jahrhunderte später ging es allen besser, 1880 baute sich die Gemeinde ihre eigene Schule, finanziert unter anderem durch einen "Bierpfennig". Wer viel trank, hatte wenigstens ein gutes Gewissen. Später kam auch noch Hochprozentiges hinzu. 1890 gründeten die Haderner Kartoffelbauern die Brennerei-Genossenschaft, der Schlot des Kesselhauses wurde zum Wahrzeichen der Gemeinde, die damals etwa 250 Einwohner hatte. Der Industriealkohol wurde zu Geld gemacht, die Schlempe verfütterte man an die Schweine. Seit 2002 ist auch die Brennerei Geschichte, auf dem Gelände entstand die Wohnanlage Guardinipark. Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Gemeinde stärker, die Einwohnerzahl stieg aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich an - dann schon als Teil Münchens, Großhadern war 1938 eingemeindet worden.

Solche Details und vieles mehr haben die Autoren der Festschrift ausgegraben. Die meiste Arbeit leistete naturgemäß der Geschichtsverein, mit seinem Vorsitzenden Alfons Kunz, seiner Stellvertreterin Frauke Bristot und Wilfried Kilian. Unterstützung bekamen sie von Gerhard Fries aus dem Bezirksausschuss sowie von einem Trio des TSV Großhadern, angeführt vom Präsidenten Peter Kastenmeier.

Da trifft es sich natürlich gut, dass auch der TSV Jubiläum feiert, der Verein wurde vor 90 Jahren gegründet und richtet vom 29. April bis zum 8. Mai am Max-Lebsche-Platz bereits sein 30. Dorffest aus. Dort, vor dem Klinikum, wird an diesem Samstag, 16. April, um 11 Uhr auch der neue Maibaum "reigspuit". Zur Feier des Tages gibt es dort auch erstmals die Festschrift zu kaufen, sie ist gegen eine Schutzgebühr von drei Euro erhältlich. Das Festjahr umfasst danach noch viele Veranstaltungen, darunter auch zwei Ausstellungen des Geschichtsvereins. Das braucht's auch, bei stolzen 950 Jahren.

© SZ vom 16.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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