Großveranstaltung:Missklänge vor dem "Rockavaria"

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Die Lokalpolitiker halten den Königsplatz als Festival-Arena für ungeeignet. Sie finden schon lange, dass der Rummel dort überhand nimmt und fordern, das zweitägige Konzert mit 20 Bands zu verlegen

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Es war Ende Oktober, als die Deutsche Entertainment AG (DEAG) bekannt gab, was auf den Königsplatz am Wochenende des 9. und 10. Juni 2018 zukommen soll. "Ein absolut hoch-energetisches Powerpaket", kündigte Christian Diekmann an, DEAG-Vorstandsmitglied und Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Global Concerts, die im Münchner Raum Konzerte veranstaltet. Es ging um das dritte "Rockavaria"-Festival in der Stadt, dieses Mal nicht im Olympiastadion, sondern in der Innenstadt - am Königsplatz. Was für Rock-Fans eine wohltönende Botschaft ist, hat die Lokalpolitiker in der Maxvorstadt allerdings ziemlich verstimmt.

Es gab empörte Reaktionen, von einer "Vorstufe zu Wacken" war die Rede, in Anspielung an das Heavy-Metal-Festival in Schleswig-Holstein. Jetzt hat der Maxvorstädter Bezirksausschuss seine Ablehnung mit einem förmlichen Beschluss deutlich gemacht: Am Dienstagabend forderte das Gremium mit großer Mehrheit die Stadt auf, das "Rockavaria" auf dem Königsplatz zu untersagen und "an eine alternative Örtlichkeit" zu verlegen. Sabine Thiele (Grüne) sprach von einem Präzedenzfall: "Eine Veranstaltung in dieser Größenordnung ist auf dem Platz nicht angemessen."

Rummel auf dem Pracht-Platz: Seit vielen Jahren sind die sommerlichen Konzerte von internationalen Musikstars auf dem Königsplatz ein Publikumserfolg. Das galt auch für den Auftritt von Hubert von Goisern im Jahr 2015, den Global Concerts veranstaltet hatte. (Foto: Stefan M. Prager/imago)

Nach den Plänen des Konzertveranstalters sollen an den beiden Tagen jeweils zehn Bands auf zwei Bühnen auftreten; erwartet werden pro Tag 22 000 Besucher. Ein Teil des Line-Ups für den Sonntag steht bereits: Als Headliner sind Die Toten Hosen angekündigt, dazu Royal Public, Rose Tattoo und Emil Bulls. Die Haupt-Acts werden die Bühne vor den Propyläen bespielen, die zweite Bühne wird nach den Plänen an der Rückseite der Glyptothek aufgebaut. Die DEAG beziehungsweise ihr hiesiger Akteur, die Global Concerts, hat seit 2003 jede Menge Konzerte veranstaltet, davon 13 auf dem Königsplatz, darunter Anna Netrebko (2005), Black Sabbath (2014) und dieses Jahr im Mai Aerosmith.

Die Stadt hat also bereits eine ganze Anzahl an Konzerten auf dem Pracht-Platz genehmigt, wie Diekmann und seine Kollegin aus der Geschäftsführung, Andrea Blahetek-Hauzenberger, in der Sitzung auch durchblicken ließen. Sie waren eigens für eine Aussprache gekommen. "Der Vergleich mit Wacken schürt falsche Assoziationen", sagte er. Die Zuschauerzahl beim "Rockavaria" sei viel kleiner, zudem über zwei Tage verteilt. Er sprach von einem "urbanen Festival", das nicht vergleichbar sei mit einem riesigen Heavy-Metal-Ereignis wie in Wacken. Er hob ferner hervor, dass es bei vergangenen Veranstaltungen auf dem Königsplatz sehr wenige Beschwerden und keinerlei Zwischenfälle wie Schlägereien gegeben habe.

Deutscher Punk bei den Propyläen: Die Toten Hosen sind als Headliner für den zweiten Tag des "Rockavaria"-Festivals angekündigt. (Foto: Henning Kaiser/DPA)

Da erntete er vereinzeltes Kopfschütteln in den Reihen der Fraktionen. "Nun reden Sie das mal nicht kleiner, als es ist", sagte Thiele. Werner Stadler (SPD) kommentierte: "Es ist nicht gut, dass einer der schönsten Plätze in der Stadt ständig missbraucht wird." Wieder einmal wurde die kritische Haltung des Gremiums deutlich; die Lokalpolitiker finden schon lange: Der Rummel auf dem klassizistischen Platz nimmt überhand. Hier spielt sich etwa das "Oben Ohne Open Air" ab, dazu das "Tunix"-Festival sowie das Kino-Open-Air. Dabei gab und gibt es immer wieder Anwohner-Beschwerden wegen der Beschallung sowie der teilweisen Sperrung des Platzes.

Laut Kreisverwaltungsreferat ist das "Rockavaria" noch nicht abschließend genehmigt. Es stünden noch Unterlagen aus, wobei es "keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Veranstaltung" gebe. Nach DEAG-Angaben ist das Veranstaltungs- und Sicherheitskonzept jedoch bereits mit der Stadt abgestimmt und schriftlich bewilligt. Es fehle nur das Placet der beteiligten Behörden, was üblicherweise erst einige Wochen vor der Veranstaltung geschehe. "Wir würden nie in den Vorverkauf gehen, wenn nicht gesichert ist, dass die Genehmigung funktioniert", versichert Diekmann.

Allerdings gibt es auch Rockavaria-Fans unter den Lokalpolitikern. Richard Weiss (Grüne) artikulierte seine "positive Einstellung"; Felix Lang (SPD) nannte es "sensationell", dass Die Toten Hosen auf dem geschichtsträchtigen Platz spielen, da die Band sich gegen Rechtsradikalismus einsetze. Und wenn die Musik für manche schwer zu ertragen sei: "Der Termin ist lange vorher bekannt. Viel Zeit, um einen Besuch bei Verwandten zu organisieren."

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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