Green Day in München:Grüner wird's nicht

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Besser denn je: Green Day waren in der Olympiahalle zu Gast und präsentierten eine explosive Show. Seither wissen wir: Punk lebt noch!

Bernhard Blöchl

Schnell wird aus dem A ein Ö. Green Day brauchen nur ein paar Anheizer, um aus der Olympiahalle die Olympiahölle zu machen. Aus den Boxen drückt "Know Your Enemy" vom aktuellen Album "21st Century Breakdown", auf der Videowand züngeln haushohe Flammen, Knalleffekte wie zu Silvester, und als der Sänger Billie Joe Armstrong von der Bühne hüpft, um seitlich in die Arena zu stürmen wie ein Kobold auf Koks, gibt es auch für das Publikum kein Halten mehr. Händemeer zum Dank.

Sänger Billie Joe Armstrong wirkt wie ein Kobold auf Koks. (Foto: Foto: rtr)

Green Day beginnen ihr erstes München-Gastspiel seit fast elf Jahren explosiv. Um sich dann zu steigern. Es ist schon erstaunlich, wie selbstbewusst und mitreißend jene drei Bald-Vierzigährigen agieren, die Anfang der Neunziger im Riemer Terminal 1 rotzig die Rückkehr des Punk vorantrieben. Live sind sie nach 20 Jahren Bandgeschichte besser, lässiger und überzeugender als jemals zuvor, und eines steht fest: Das Trio aus Kalifornien setzt Maßstäbe im Stadion-Punkrock.

Denn trotz rüder Haltung, nach wie vor pubertärer Gags und kumpelhafter Lässigkeit sind Armstrong, Mike Dirnt (Bass) und Tré Cool (Drums) präzise musikalische Handwerker. Der Sänger ist ein fulminanter Entertainer, der die meisten Töne trifft, die mehrstimmigen Gesangsparts klingen erstaunlich harmonisch, die E-Gitarrenriffs schneiden kettensägenscharf.

Freilich ist es hilfreich, dass die mitunter als Mainstream-Punker verschmähten Platin-Rocker mittlerweile Dutzende gute Songs im Repertoire haben. Sie sind grandios darin, schöne Melodien schnörkellos hart zu verpacken. Und noch etwas unterscheidet sie von ihren Kollegen, von denen nicht viele den Sprung ins 21. Jahrhundert würdevoll gemeistert haben: Mit ambitionierten und politisch inspirierten Konzept-Alben sind sie interessant geblieben, ohne sich verbiegen zu lassen.

Beim sehr unterhaltsamen Konzert in der ausverkauften Olympiahalle bekommen die Fans einen großzügigen Querschnitt aus acht Platten, besonders gefeiert werden Hits wie "Basket Case", "When I Come Around", "American Idiot" und "21 Guns". Der Sound ist verhältnismäßig gut, die Stimmung über weite Strecken, als läge etwas Außergewöhnliches in der Luft. Dieses Konzert hat alles, was ein Rock-Gig braucht.

Und noch mehr: Da werden junge Fans auf die Bühne gehievt, die ersten Reihen mit Wasser aus Schläuchen erfrischt, Pogo-Kreise gebildet, Geschenke ins Publikum geschossen, eine Klopapierharpune kommt zum Einsatz. Und am Ende, kurz vor den Zugaben, covern sich Green Day liegend (!) und mit Saxofonbegleitung durch die Musikgeschichte, so dass selbst "Hey Jude" wieder interessant wird. Wo, bitteschön, steht geschrieben, dass es in der Hölle nicht lustig zugeht?

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