Historie erfahren:Vergangenheit in Himmelblau

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Von Dauerwellen, „garantiert ohne Verbrennen der Kopfhaut“, und einem „großen Mädchenhändlerfilm der Ufa“ ist im U-Bahnhof zu lesen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Oberirdisch teilen sich zwei Namensgeber den Max-Weber-Platz, unterirdisch ist für die Geschichte Haidhausens viel Platz.

Von Barbara Hordych

Schon die Fahrt hinunter zum U-Bahnhof beginnt am namensgebenden Max-Weber-Platz wie eine historische Zeitreise: Der Zugang ist in einem unter Denkmalschutz stehenden Trambahnpavillon untergebracht. Der Weg hinunter ins westliche Sperrengeschoss führt zudem vorbei an einer frei schwebenden Replik eines historischen Pferdetram-Wagens, die an die lange Tradition der Trambahn am Max-Weber-Platz und den nahegelegenen Betriebshof der Münchner Tram erinnert. Und ja, vielleicht sollte man sich an dieser Stelle ruhig noch ins Gedächtnis rufen, dass der Bau der U-Bahn ursprünglich ein Kampf gegen genau diese Tram war. Bis Mitte der Neunzigerjahre sollten in München alle Tram-Strecken auf U-Bahn oder Busbetrieb umgestellt sein. Von diesem Gedanken verabschiedete man sich glücklicherweise Ende der Achtziger. Als der Bahnhof, in dessen unmittelbarer Umgebung sich der Bayerische Landtag, das Klinikum rechts der Isar sowie die Pfarrkirche St. Johann Baptist befinden, am 27. Oktober 1988 eröffnet wurde, legte man bereits mehr Wert auf eine Ergänzung beider Verkehrsmittel.

Die Tradition friedvoller Koexistenz beginnt übrigens schon oberirdisch: Im Jahr 1905 wurde der Platz nach dem Haidhauser Gemeindeschreiber und späteren Münchner Magistrat Max Weber benannt - und 1998 zusätzlich dem gleichnamigen (und viel bekannteren) Soziologen und Nationalökonomen gewidmet.

Ist man aber im Untergrund angelangt, dominiert dort die Himmelsfarbe. Mal abgesehen von dem Linienband, das wie an allen Stationen von U4 und U5 gelb eingefärbt ist sowie der in gelb gehaltenen Bahnsteigmöblierung ist die beherrschende Farbe des Bahnhofs Hellblau. Um einen Bezug zum Stadtteil an der Oberfläche herzustellen, dokumentieren zahlreiche historische Bilder und Zeitungsausschnitte die Geschichte Haidhausens. Sie sind an den Wänden und an einem freistehenden Kabelschacht zu finden. "Die Verkehrsbetriebe sind damals auf mich zugekommen mit der Bitte, Bilder zusammenzustellen und kurze Texte zu verfassen, etwa zu den Herbergen, den Handwerkern im Münchner Osten und den Stadtwerken", erinnert sich Hermann Wilhelm. Seit mehr als vierzig Jahren leitet er das Haidhausen-Museum an der Kirchenstraße. Und begleitet die Geschichte des "Franzosenviertels", das bis in die Siebzigerjahre als "Glasscherbenviertel" galt und heute eines der begehrtesten und spannendsten Viertel Münchens ist.

© SZ vom 25.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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