Gern:Stelzenbau im Quadrat

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Oben wohnen, unten parken: Der grüne Neubau steht auf Stelzen, sodass unter dem Gebäude Autos abgestellt werden können. Die Besonderheit von "Dante 2" ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Simulation: Florian Nagler, Architekten (Foto: Florian Nagler)

Am Reinmarplatz entsteht eine Kopie des Pilotprojekts vom Dantebad - aber um einen Innenhof gruppiert

Von Julius Bretzel, Gern

Wenn es darum geht, in München bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist zusehends Kreativität gefragt. Wird eine Fläche bebaut, fehlt sie für anderweitige Nutzung. Das will die Stadt nun auch am Reinmarplatz vermeiden. Dort errichtet sie über einer öffentlichen Parkfläche ein Haus auf Stelzen. Bis 2021 sollen 144 Wohnungen für Haushalte mit unterem bis mittlerem Einkommen entstehen - darunter bleiben Parkplätze. Vorbild ist das preisgekrönte Pilotprojekt am Dantebad. Die Gewofag hat den Bau am Montagabend Anwohnern vorgestellt. Diese vermissen Einkaufsmöglichkeiten und eine Kindertagesstätte im Konzept von "Dante 2".

Die Vorgabe der Stadt sei gewesen, einen Klon des Stelzenbaus am Dantebad zu errichten, sagte Klaus-Michael Dengler, Geschäftsführer der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag. 2016 hatte das Unternehmen in leichter Holzbauweise ein viergeschossiges Gebäude über dem Parkplatz am Dantebad errichtet. Durch günstige Baukosten und entsprechende Fördermodelle konnte die Stadt so bezahlbaren Wohnraum schaffen. Die Bauzeit betrug gerade einmal ein Jahr. Nach diesem Konzept sollen weitere Wohnungen entstehen, der Stelzenbau am Reinmarplatz ist die zweite Realisierung dieses Konzepts. So handelt es sich bei dem geplanten Gebäude um eine möglichst exakte Kopie von "Dante 1": vier Geschosse, aus stabilem Brettsperrholz gebaut, mit einer Terrasse auf dem Dach. "Es wird das Gleiche in Grün", scherzte Dengler. Doch nicht nur in der Farbe unterscheide sich das Gebäude von seinem Vorbild: "Wir bauen ,Dante 1' mal vier." Der lang gestreckte Bau des Pilotprojekts soll so aneinandergefügt werden, dass eine vierseitige Blockrandbebauung mit Innenhof entsteht. Darin sind Parkmöglichkeiten und Begrünungen vorgesehen. Nach welchem Konzept die 100 öffentlichen Parkplätze belegt werden, ist noch unklar. Eine Möglichkeit wäre eine zeitliche Begrenzung der Parkdauer.

Durch die angepasste Kopie des ersten Stelzenbaus spart sich die Stadt Planungskosten, was sich im Mietpreis abbilden soll. Zudem erfolgt die Vermietung der Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen in den Fördermodellen Einkommensorientierte Förderung (EOF) und München-Modell Miete (MMM). Bei der EOF beträgt die Kaltmiete 9,60 Euro pro Quadratmeter, bei der MMM sind es elf Euro. "So werden wir eine breite Palette für Haushalte mit einem Einkommen von 14 000 bis 100 000 Euro anbieten", kündigt Dengler an.

Vonseiten der Anwohner kam bei der Projektvorstellung Kritik. Sie bemängelten, dass bei der Parkplatzüberbauung die Chance verspielt werde, einen Supermarkt im Erdgeschoss unterzubringen. Davon gebe es in näherer Umgebung keinen. Auch eine Kindertagesstätte ist gewünscht. Thomas Neuberger (Freie Wähler) vom Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg setzte sich beim Info-Abend für beide Wünsche ein: "Bei der Diskussion kommt der Mensch zu kurz. Sowohl eine Einkaufsmöglichkeit als auch eine Kita können in dem Bau untergebracht werden." Dengler widersprach jedoch; für einen Supermarkt im Erdgeschoss reiche der Platz nicht, eine entsprechende Umplanung würde gegen den Auftrag der Stadt laufen, das Vorbildprojekt zu kopieren. Außerdem sei dann der Kostenrahmen nicht einhaltbar. Gegen eine Kita spreche, dass der dann vorgeschriebene Lärm- und Brandschutz ebenfalls eine Umplanung erfordere. "Beide Anliegen werden und können wir nicht berücksichtigen. Das wäre zu unwirtschaftlich", fasste er zusammen.

Um entsprechende Lösungsvorschläge bemühen sich die Bürger derweil selbst: Eine Anwohnerin regte an, dem beschränkten Einkaufsangebot durch einen Wochenmarkt auf dem zukünftigen Innenhof entgegenzuwirken. Dies kam bei den Anwesenden gut an. "Das klingt spannend und könnte funktionieren", sagte Klaus-Michael Dengler und hielt die anwesenden Vertreter des Bezirksausschusses an, die Idee in ihre nächste Sitzung mitzunehmen.

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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