Die laut einem Besucher "ungewöhnliche Ausstellung" im Kulturraum der Gemeinde Grafrath hat am Wochenende eine Vielzahl von Besuchern angelockt. Dutzende Bürger, auch Familien mit Kindern, interessierten sich für "Die Welt der Zinnfiguren - Vom Spielzeug zum Kunstobjekt", in der die Hobby-Bastler Fritz Aneder (Fürstenfeldbruck) und Roman Bischof (Kottgeisering) ihrer kleinen Kunstwerke zeigen.
"So was sieht man nur selten", sagte ein Jesenwanger. Um eine solche Vielfalt von Zinnfiguren bestaunen zu können, müsse man die Plassenburg aufsuchen, auf der ein Zinnfiguren-Museum eingerichtet sei . Die Aussteller kennen die einstige Hohenzollernfestung hoch über Kulmbach auch recht gut, denn dort finden Zinnfigurenmessen und Sonderausstellungen statt, auf denen man sich mit Rohlingen, Zubehör, Materialien und Werkzeugen eindecken kann. Roman Bischof hat in Kulmbach auch schon Kurse zur Zinnfigurenherstellung gegeben.
Grafraths Bürgermeister Markus Kennerknecht lobte bei der Eröffnung das Engagement der Kulturreferentin der Gemeinde, Sybilla Rathmann, die laut Bischof "nicht mehr lockergelassen" habe, als sie von dem eher seltenen Hobby erfahren habe, bis er und Aneder zugestimmt hätten. In einer Ecke im Kulturraum wird eine Werkzeugsammlung präsentiert, wozu eine Besucherin kopfschüttelnd anmerkte, dass es "kaum zu glauben" sei, dass man mit Mini-Pinzetten und Mini-Sticheln so sauber arbeiten und mit einem "Zweihaarpinsel" Figuren so bemalen kann, dass man auch den kleinsten, nicht Mal zwei Zentimeter großen Figuren ins Gesicht schauen kann. Das Urteil über die seltene Ausstellung fiel am Wochenende durchweg fast überschwänglich positiv aus, und mancher Besucher sprach bewundernd von einem künstlerischen Schaffen, das neben viel Geduld und höchster Konzentration auch die Bereitschaft voraussetze, für das Hobby eine Menge Geld auszugeben.
"Für vorgefertigte Rohlinge sind je nach Größe und Ausprägung zehn bis zweihundert Euro und mehr hinzulegen", erklärte Aneder in einem Katalog blätternd. "Da modelliert man seine Figuren schon lieber selbst, denn das Material ist günstiger zu bekommen", befand dazu Bischof und zeigte die Entstehung vom Urmodell, das aus Zweikomponenten-Kunststoff geformt wird, bis zur fertigen Figur auf, die dann noch möglichst realitätsgetreu bemalt wird. "Der finanzielle Aufwand ist zwar geringer, wenn man die Figur selbst herstellt, dafür ist aber der Zeitaufwand um vieles höher", sagte der Kottgeiseringer, der in der Ausstellung auch eine Mini-Skulptur von sich selbst in der Uniform des Chevauleger-Regiments zeigt. Schließlich ist er Ehrenpräsident des Münchner Traditionsvereins des ehemaligen königlich bayerischen 4. Chevauleger -Regiments "König". Für eine kleine Figur benötigt er einige Stunden verteilt auf zwei Tage, für das Highlight der Ausstellung, die Nachbildung des Gemäldes "Nächtliche Schlittenfahrt" von Rudolf Wenig (1880), auf dem der "Kini" König Ludwig II. auf seinem goldenen Prunkschlitten durch das verschneite Ammergebirge fährt, habe er zwei Jahre gebraucht und fast täglich ein bis zwei Stunden daran gearbeitet. Wie nahezu alle Berufe und Leidenschaften haben auch die Zinnfigurensammler eine Patronin. "Es ist die griechische Muse Klio, die über die Geschichtsschreiber und auch über uns wacht", so Aneder.
Die Zinnfigurenausstellung ist noch am Samstag/Sonntag, 18./19. November jeweils von 15 bis 18 Uhr geöffnet
