Es gibt nicht viele Menschen, die eine Ära geprägt haben. Hélène Sajons, die heutige Ehrenvorsitzende der Volkshochschule (VHS) Olching, hat dies mit Sicherheit getan. 24 Jahre hat sie die Einrichtung in der Amperstadt ehrenamtlich geleitet und Olching als Standort für Erwachsenenbildung europaweit bekannt gemacht. Deshalb kam es kürzlich keineswegs überraschend, dass Hélène Sajons das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste im Ehrenamt verliehen bekommen hat. Urkunde und Anstecknadel wurden der Olchingerin von Markus Söder persönlich im Kaisersaal der Residenz in München überreicht.
Hélène Sajons-Gilman kommt ursprünglich aus Lüttich, ist also gebürtige Belgierin. Als gelernte Dolmetscherin für Französisch, Englisch und Deutsch kam sie schon früh in Europa herum. Ihren Ehemann Peter lernte sie auf einer Englandreise kennen. Geheiratet wurde 1969. Mit Peter Sajons landete sie vor 42 Jahren in Olching. Ein Jahr später war Sajons schon Dozentin an der VHS Olching. Sie unterrichtete Englisch und Französisch. Als sie dann 1998 den Vorsitz der Bildungseinrichtung übernahm, sah sie bald die Möglichkeiten, die die Europäische Union (EU) bot - auch die finanzielle Unterstützung. Seit 2003 setzte Sajons EU-Projekte in Olching um. "Ich habe da mit viel Geduld Anträge gestellt", erzählt sie rückblickend. Anträge, die teilweise sehr kompliziert waren. Doch sie ließ sich davon nicht abschrecken. "Zehn Projekte waren es am Ende", so Sajons und man spürt ihre Genugtuung auch heute noch. Besonders wichtig waren ihr die EU-Workshops, die die Olchinger Dozenten und Kursleiter besuchen konnten. "Wir sind für das Erasmus-Programm bis 2027 bei der EU akkreditiert", sagt Sajons, so dass die zweiwöchigen Workshops immer noch besucht werden können. Akkreditiert bei der EU? "Ja, das war großer organisatorischer Aufwand", so die Ehrenvorsitzende. Lediglich drei, vier bayerische Volkshochschulen hätten diesen Status. Etwa 50 Kursleiter kamen schon in den Genuss dieser Fortbildung.
In Brüssel darf sie das Integrationskonzept der VHS präsentieren
Höhepunkt war 2018 in Brüssel die Präsentation des Projekts BIC (Boosting Individual Competences) der VHS Olching beim Kulturausschuss der Europäischen Kommission. "Wir haben unser 'Projekt Integration' dort vorgestellt", erläutert Sajons. Dabei sei es um "erste Schritte der Integration" für Flüchtlinge und Zuwanderer gegangen und das Erlernen der Sprache, unterstützt durch viele Bilder. So wurde etwa die Frage: "Können Sie nähen?" durch entsprechende Nähbilder erläutert. "Die neue Sprache ist immer eine große Hürde bei der Integration gewesen", sagt Sajons, "da haben wir das Lernen so unterstützt". Damals in Brüssel tauchte sie mit ihren Olchinger Mitstreiterinnen und Mitstreiter auch mit einem 18 Meter langen gestrickten Schal auf, dem "Schal der Verbundenheit". "Education for all" stand darauf. Diesen Anspruch versuchte sie auch im Programm der heimischen VHS umzusetzen. Vieles gelang, aber sicherlich auch einiges nicht.
"Die VHS Olching hat dank ihres Engagements eine Sonderstellung in Bayern. Hélène Sajons ist eine Netzwerkerin par excellence und knüpfte Fäden zu Olchings Vereinen, zur Stadt und ihren Bürgerinnen und Bürgern", lobt Romina Penzkofer, die in der VHS für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, die langjährige Vorsitzende aus Anlass der Ehrung noch einmal nachdrücklich. Sechs Jahre, von 2002 bis 2008, gehörte Hélène Sajons für die Freien Wähler auch dem Gemeinderat an. Sie engagierte sich beim Olchinger Frauentreff und war und ist Mitglied im Sozialdienst, beim Gesangsverein "Harmonie Olching" und in der Künstlergruppe "K.O.". Mittlerweile ist Sajons 77 Jahre alt und unterrichtet immer noch die Konversationskurse in Englisch und Französisch an der Olchinger VHS. "Wir reden gerade darüber, ob es Sinn ergibt, das Weltall zu erforschen", berichtet sie. Der VHS empfiehlt sie mit der Zeit zu gehen. "Es sollte mehr online angeboten werden", sagt Sajons. Mehr Wechsel im Angebot sei auch nötig. Dass sich die Teilnehmer immer kurzfristiger anmelden würden, sei ein großes Problem. Das mache die Planung schwieriger, auch die der Kursleiter, die häufig auf das Einkommen bei der VHS angewiesen sind. In ihrer seit zwei Jahren gewonnenen Freizeit wollte sich Sajons mit der Schrift der Ägypter beschäftigen. "Daran bin ich gescheitert", sagt die Mutter zweier erwachsener Töchter. "Dafür habe ich mein Spanisch aufgefrischt." Drei Enkelkinder nehmen sie in Beschlag und dann denkt sie noch daran, für die Familie mal ihr "Leben zusammenzufassen", wie sie sagt.