Verkehr:Zu tief für S-Bahnen, zu hoch für Regios

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Um regelmäßige Zugstopps in der Kreisstadt zu ermöglichen, soll das nördliche Gleis einen Außenbahnsteig erhalten. Dass die "Kompromisslösung" nicht barrierefrei wäre, löst bei Stadträten Unmut aus

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Mittelbahnsteig des Brucker S-Bahnhofs wird zwischen Bahnhofsgebäude und Gleis eins um einen weiteren Bahnsteig ergänzt. Dort sollen noch vor einem dreigleisigen Ausbau vor allem die schnellen Regionalzüge halten - ums Jahr 2030 herum könnte sogar ein Stundentakt eingeführt werden. Umstritten ist, wie hoch der Bahnsteig sein soll. Vertreter der Bahn planen mit 76 Zentimetern - als "Kompromiss", der zwischen dem Einstiegsniveau von Regionalzug sowie S-Bahn liegt. Dies würde allerdings bedeuten, dass weiterhin keine Barrierefreiheit gegeben wäre. Viele Stadträte fordern deshalb die Überarbeitung der Pläne.

Vertreter der Bahn legten die Entwürfe für die Baumaßnahme am Mittwoch im Planungsausschuss vor. Am Sinn des zusätzlichen 240 Meter langen Bahnsteigs zweifelt niemand. Ebenfalls unumstritten ist, dass neben einer neuen Treppe auch ein Aufzug eingebaut wird statt der von der Bahn alternativ vorgeschlagenen langen Rampe mit rollstuhlgerechter Maximalsteigung von sechs Prozent.

Höchst umstritten ist hingegen die geplante Bahnsteighöhe von 76 Zentimetern. Die sei "weder Fisch noch Fleisch", hieß es im Planungsausschuss. Von der bei Neubauprojekten obligatorischen Barrierefreiheit könne dann keine Rede sein. Die Bahn sieht sich hier mit der Quadratur des Kreises konfrontiert. Denn an dem Bahnsteig sollen aller Voraussicht nach zwar vor allem Regionalzüge halten, deren Türschwellen 56 Zentimeter über Gleisniveau liegen. Weil aber offenbar auch die eine oder andere S-Bahn am neuen Gleis eins halten soll, wird die Sache kompliziert. Denn das Ausstiegsniveau von S-Bahnen liegt bei 96 Zentimetern. Ergo müssten Fahrgäste vom neuen Bahnsteig 20 Zentimeter hinauf zur S-Bahn steigen und 20 Zentimetern hinab zum Regionalzug.

Ingo Laberer, bei der Bahn für das Projekt zuständig, beruft sich auf Freistaat und Eisenbahngesellschaft als Auftraggeber. Diese hätten die 76 Zentimeter als praktikablen Kompromiss vorgegeben. Zugführer müssten somit Rollstuhlfahrern mit mobilen Rampen den Zutritt ermöglichen - so wie dies bereits an einigen Bahnhöfen mit Mischnutzung praktiziert wird. Die Bahn verweist auf die S-Bahnlinie S 7, die auch von der Oberlandbahn und dem Meridian befahren wird.

Kritik äußerten Ulrich Schmetz (SPD), Karl Danke (BBV) und Alexa Zierl (Die Partei und Frei). Zierl und Danke empfahlen, sich auf die Regionalzüge zu konzentrieren, für die der Bahnsteig ja vor allem konzipiert sei. In dem einstimmigen Beschluss legte sich der Ausschuss gleichwohl nicht explizit auf 56 Zentimeter fest, fordert die Bahn aber auf, die Verbesserungsvorschläge der Stadt zu prüfen. Die umfassen auch ein Dach über dem neuen Bahnsteig, für dessen "Nachrüstung" die Bahn zwar die baulichen Voraussetzungen schaffen will, das aber nicht Bestandteil des aktuellen "Bahnprojekts" ist. Stadtbaumeister Martin Kornacher warnte ebenso wie Zweiter Bürgermeister Christian Götz (BBV) und Schmetz davor, die Fahrgäste dort sowie im Bereich der Fahrkartenautomaten buchstäblich im Regen stehen zu lassen. Markus Droth (CSU) regte zudem an, die nördliche Bahnsteigkante auf breiter Front als Treppe auszuformen, um Fahrgästen lange Umwege zu ersparen. Das gleiche Ziel hat die von Götz, Andreas Lohde sowie Oberbürgermeister Erich Raff (beide CSU) geforderte kurze Rampe im Osten des Bahnhofsgebäudes.

Laberer will die Verbesserungsvorschläge prüfen lassen. Fallen für "Sonderwünsche" wie zusätzliche Rampen oder Überdachungen freilich Mehrkosten an, dann dürfte letztlich die Stadt zur Kasse gebeten werden. Ziel ist es, bis 2022 einen betriebsbereiten Bahnsteig zu haben.

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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