Interkultureller Brunch:Augenzeugen des Kriegs

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Im LiB-Mehrgenerationenhaus lädt das Forum 31 des Brucker Forums einmal im Monat zum interkulturellen Brunch ein, bei dem Gleichgesinnte aus vielen Ländern ins Gespräch kommen können. (Foto: Günther Reger)

Im Fürstenfeldbrucker Mehrgenerationenhaus vernetzen sich ehrenamtliche Helfer. Im Blickpunkt aber stehen die anrührenden Erlebnisberichte ukrainischer Flüchtlinge.

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Menschen, die seit Beginn des Angriffskriegs der Russen gegen die Ukraine ihr Land verlassen haben, erfahren im Landkreis große Unterstützung. Auf dem monatlich stattfindenden, vom Forum 31 im Brucker Forum organisierten interkulturellen Brunch wird am Sonntag die ganze Bandbreite ersichtlich, wie den Flüchtigen geholfen wird. Christina Siedl, die Leiterin des LiB-Mehrgenerationenhauses und Franziska Ege vom Brucker Forum freuen sich über die vielen Gäste aus vielen Nationen und vor allem über die Ukrainer, die zu dem Treffen gekommen sind und anrührend über ihre Flucht und über ihre großen Ängste berichten.

"Wir erleben erfreulicherweise eine große Welle von Solidarität und eine große Hilfebereitschaft vieler Ehrenamtlicher ", sagt Siedl. Um möglichst schnell und gezielt helfen und die Unterstützung koordinieren zu können, sei es wichtig, dass sich die Helfergruppen kennen und voneinander wissen. "Daher haben wir zu unseren Sonntagsbrunch diesmal Vertreter der Hilfsorganisationen eingeladen", sagt der Brucker Integrationsreferent Willi Dräxler.

Mit Tränen in den Augen erzählt sie von Bomben, die in Kiew die Erde erschüttern

Besonders wichtig für die Betroffenen sei es, überhaupt jemanden zu haben, mit dem man reden kann und der einem weiterhilft, sagt eine Frau, deren Mann in der Ukraine geblieben ist. Mit Tränen in den Augen erzählt sie von Bomben, die in Kiew die Erde erschüttern, von Feuersbrünsten und einstürzenden Häusern, von mit großem Lärm anrollenden russischen Panzern, von Kanonendonner und langen Staus auf den Fluchtwegen. 17 Stunden muss sie im Auto ausharren, bis sie endlich den Grenzübergang nach Rumänien erreicht.

Das Sirenengeheul, das vor Bombardierungen warnt, liege ihr auch zwei Monate nach der Flucht noch in den Ohren. Im Nachbarland wollte sie aber nicht bleiben und fuhr weiter nach Deutschland, wo sie nun sehr gut privat untergekommen ist. Sie habe zwar Bekannte in Hamburg, aber sie wolle im schönen Fürstenfeldbruck bleiben und wenn möglich auch hier arbeiten. "Viele Mütter aus der Ukraine wollen arbeiten, können es aber nicht, weil sie keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder finden", sagt die Erzieherin Isabelle Priadka aus Eichenau.

Der Umgang mit Asylsuchenden zum Beispiel aus Syrien sei sehr viel schwieriger, heißt es

Kontakte zu anderen Helfergruppen und der Austausch mit Gleichgesinnten und Betroffenen seien wichtig, daher sei sie der Einladung zum Brunch gefolgt, bei dem man mitgebrachte Speisen und Getränke aus verschiedenen Ländern probieren kann. Wie Siedl erzählt, kann bei der Hilfe für Ukrainer in vielen Orten auf die vor Jahren gegründeten Helferkreise zurückgegriffen werden. Allerdings sei der Umgang mit Asylsuchenden zum Beispiel aus Syrien sehr viel schwieriger und aufwendiger. Auch die Mentalität sei eine andere und der Bildungsstand der Ukrainer sei in der Regel auch besser, sagt eine Besucherin.

Eine Mutter, die mit Mann und Kindern geflohen ist, erzählt von einer unerwartet erfreulichen "Überraschung", denn die Stadt habe viel Ähnlichkeit mit ihrem Heimatort. Glücklicherweise habe sie gute Kontakte nach Hause, so dass sie stets gut im Bilde darüber sei, was dort gerade passiert. "Es herrschen chaotische Zustände, viele Menschen können oder wollen ihre Heimat nicht verlassen, leben also in steter Gefahr", sagt sie.

Sprachlich kommen die Ukrainer gut zurecht, denn viele sprechen fließend Englisch und können auch übersetzen. Moritz Hickethier von der Gruppe "Brucker helfen der Ukraine", der ehrenamtlich in der Kleiderkammer im Kohl-Haus tätig ist, lobt die Spendenbereitschaft im Landkreis. Immer wieder kämen Anfragen, ob man dies oder jenes gebrauchen kann, meist seien es Kleidungstücke in gutem Zustand.

Christina Siedl findet es gut, dass auch Stadträte zum Brunch gekommen sind, um sich im Gespräch ein Bild über Sorgen und Nöte zu machen. "Helfen kann man nur dann, wenn man weiß, wo der Schuh drückt und an wen man sich wenden kann, deswegen bin ich hier", sagt ein Gast. Eine Frau, die sich als "Stammgast" beim Brunch bezeichnet, findet es "immer wieder toll, neue Leute kennen zu lernen und etwas über deren Kulturen und Heimat zu erfahren".

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