Theater:Bühnenleben mit Dave

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Seit 2011 spielt Mathis Reinhardt das Ein-Mann-Stück "Nipplejesus" von Nick Hornby. Seinen Protagonisten Dave bezeichnet er als Typ mit dem Herz am rechten Fleck. Als Museumswärter entdeckt der ehemalige Türsteher seinen ganz persönlichen Zugang zur Kunst und teilt ihn mit dem Publikum. (Foto: Rolf Arnold/OH)

Mathis Reinhardt spielt seit vielen Jahren an den großen Theatern in Deutschland. Nun kehrt der gebürtige Schöngeisinger mit einer Inszenierung von Nick Hornbys "Nipplejesus" und einem Kinofilm für ein Wochenende in die Heimat zurück

Von Florian J. Haamann, Schöngeising

Es ist eine steile Karriere, die der Schauspieler Mathis Reinhardt vom beschaulichen Schöngeising aus an den deutschen Theaterbühnen hingelegt hat: Studium am Mozarteum in Salzburg, während der Ausbildung erste Auftritte am Landestheater und bei den Salzburger Festspielen, das erste Engagement direkt am Deutschen Theater in Berlin, danach Schauspiel Frankfurt, Schauspiel Leipzig, Staatsschauspiel Dresden. An diesem Wochenende kommt er für ein Gastspiel zurück in die Heimat, genauer gesagt an den Jexhof, außerdem läuft ein Kinofilm mit ihm im Brucker Lichtspielhaus.

Seine ersten Auftritte hatte er in der achten und zwölften Klasse beim Jahresstück der Waldorfschule Gröbenzell, ansonsten war da vor dem Studium nichts. Keine Theatergruppe, kein Laientheater. "Ich wusste lange überhaupt nicht, was ich werden will. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die Schauspielerei alle meine Neigungen, Musik, Gesang, Sprache, Literatur, Bewegung, vereint. Ich bin da also eher so reingerutscht", erzählt der 39-Jährige. Und so wie alles geklappt hat, sei die Wahl wohl die richtige gewesen.

Die mangelnde Vorerfahrung sei dabei nie ein Thema gewesen. Im Studium lerne man sowieso alles von der Pike auf. "Dafür war ich älter als der Durchschnitt und konnte gut einordnen, was da passiert. Ich war immer demütig und dankbar für jede neue Chance, ich halte das für eine wichtige Eigenschaft in diesem Beruf. Vielleicht ist man einfach anders geerdet, wenn man vom Dorf kommt". Nach den Vorsprechen ist er in München an der Otto-Falckenberg-Schule und eben in Salzburg angenommen worden. "Es war dann eine Bauchentscheidung. In Salzburg hatte ich zuerst bestanden und ich habe mich in der Gruppe dort wohler gefühlt, es war familiärer".

Ein Stück, das Reinhardt, der sein Studium 2007 abgeschlossen hat, schon lange begleitet ist Nick Hornbys "Nipplejesus". Seit 2011 spielt er dieses Ein-Mann-Stück, erst in Frankfurt, heute noch in Leipzig. Es erzählt die Geschichte des ehemaligen Türstehers Dave, der in seinem neuen Job als Museumswärter seinen ganzen eigenen Zugang zur Kunst findet und die Zuschauer an diesem Prozess teilnehmen lässt. Mit dieser Inszenierung gastiert Reinhardt nun am Jexhof.

"Es ist eigentlich ganz witzig. Wenn man ein Stück so lange spielt, durchlebt man verschiedene Phasen. Es gab Zeiten, da habe ich gedacht, ich mag nicht mehr. Und dann entdeckt man vielleicht beim 80. Mal Dinge, die einem bisher noch nicht aufgefallen sind", sagt Reinhardt, "und so eine Konstante ist gar nicht so verkehrt, weil man immer wieder abgleichen kann, wo man gerade ist in seinem Theaterleben, wie man die Dinge sieht, was sich verändert". Aktuell jedenfalls sei die Beziehung gut, es fühle sich nach einer gleichberechtigten Partnerschaft an.

Auch sein Protagonist Dave sei ihm von Anfang ans Herz gewachsen. "Ich weiß nicht, ob wir privat befreundet wären oder ob wir uns überhaupt begegnet wären außer an einer Discotür vielleicht. Aber er ist ein liebevoller Familienvater und hat das Herz am rechten Fleck. Vielleicht hat er einfach nicht die Chancen bekommen, die andere bekommen haben. Ich möchte ihn auf jeden Fall nicht missen". Passend zur Geschichte spielt Reinhardt das Stück gerne in Museen, in Leipzig im Museum der bildenden Künste, in Frankfurt im Museum der modernen Kunst. "Dort hängen dann eben auch Exponate, bei denen man ihn gut verstehen kann in seiner Denke, ob das jetzt drei Millionen Euro wert ist. Und Besucher haben mir geschrieben, dass sie nach der Inszenierung durch die Ausstellung gegangen sind und plötzlich einen anderen, frecheren Blick hatten."

An den Jexhof, den er als Junge oft besucht habe, kommt Reinhardt auf Vermittlung seines kleinen Bruders, der dort ab und zu arbeitet. "Ich freue mich natürlich schon riesig. Der Jexhof ist Teil meiner Heimat und meiner Herkunft, da schließt sich einfach ein Kreis." Aber es sind eben nicht nur zwei Aufführungen von "Nipplejesus", mit denen er an diesem Wochenende zu sehen ist. Am Sonntagabend läuft im Brucker Lichtspielhaus auch der Film "Ein Weg" in dem Reinhardt eine Hauptrolle spielt. Das Drama um das langsame auseinanderleben zweier sich liebender Menschen über einen Zeitraum von 15 Jahren wurde 2017 auf der Berlinale erstmals gezeigt und war seitdem auf vielen internationalen Festivals zu sehen. Während der Vorführung wird Reinhardt anwesend sein und danach dem Publikum für Fragen zur Verfügung stehen.

Es ist nicht das erste Mal, das Reinhardt vor der Kamera gestanden hat, er war unter anderem bereits im Tatort, bei Soko Leipzig, Ein Fall für zwei und In aller Freundschaft zu sehen. Ursprünglich sei der Film sogar sein Hauptziel gewesen. "Das hat mich damals mehr gereizt, aber durch die klasse Ausbildung war dann der Weg auf die Bühne geebneter als zum Film. Heute habe ich das Glück beides machen zu können. Allerdings bleibt, wenn man eine Festanstellung am Theater hat, gar nicht so viel Zeit für Filme, deswegen habe ich da bisher ich eher kleinere Rollen übernommen." Umso interessanter seien die Dreharbeiten zu "Ein Weg" gewesen. 30 Tage habe man fast chronologisch daran gearbeitet. "Das war fast wie Theaterspielen nur von einer Kamera begleitet".

"Nipplejesus" mit Mathis Reinhardt, Jexhof, Samstag, 24. März, 19 Uhr, Sonntag, 25. März, 18.30 Uhr. Karten telefonisch unter 08141/51 92 05. Kinofilm "Ein Weg", Sonntag, 25. März, von 20.15 Uhr an im Lichtspielhaus Fürstenfeldbruck

© SZ vom 24.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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