SZ-Aktion "Was Fürstenfeldbruck bewegt":Eine lange Wunschliste

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Die Kreisstadt plagt nicht ein beherrschendes Problem. Die Bürger haben viele kleine und große Anregungen, die den Lebenswert steigern sollen. Sie reichen von weniger Durchgangsverkehr über mehr Freizeiteinrichtungen bis hin zur Stärkung der Geschäftswelt.

Von Julia Bergmann, Peter Bierl und Stefan Salger

Leserrunde im Cafe Wiedmann (Foto: Johannes Simon)

Fünf Stunden lang haben sich am Montag Vertreter des öffentlichen Lebens und Leser die Klinke in die Hand gegeben: Im Café Wiedemann an der Schöngeisinger Straße unterhielten sie sich in ungezwungener Atmosphäre mit SZ-Mitarbeitern. Vor allem aber ging es darum, was die Fürstenfeldbrucker bewegt. Viele nutzten die Möglichkeit zu sagen, wo der Schuh drückt. Dabei ging es um die Versorgung mit Geschäften oder Kinos ebenso wie um Verkehrssicherheit und Parkplätze. In den nächsten Tagen werden wir versuchen, offene Fragen zu beantworten.

Lebensmittelladen

Ein "kleines Lebensmittelgeschäft" im Ortszentrum, das vermisst Waltraud Lorenz. Seit der Tengelmann neben dem Rathaus in der Hauptstraße dicht gemacht hat, gibt es kein solches Angebot mehr: "Für jede Kleinigkeit muss man in den großen Supermarkt", klagt die Rentnerin. Und dafür sei man aufs Auto angewiesen. Sie fahre zwar selbst noch, sagt die 89-Jährige. Aber irgendwann werde das nicht mehr gehen. Man solle doch auf die alten Menschen achten und die Lebensmittelversorgung nicht nur an der Rand der Städte verlegen. Lorenz wünscht sich auch eine bessere innerstädtische Busverbindung, gerade sonntags. Der 840er-Linienbus etwa, der könnte sonntags doch wenigstens jede Stunde fahren.

Umgehungsstraße

Christian Christner kritisiert, dass die Deichenstegtrasse, die das starke Verkehrsaufkommen auf der B2 vermindern sollte, nicht realisiert worden ist. Somit werde ein Großteil der Autos weiterhin mitten durch die Stadt geführt. "Und das, obwohl in einem ersten Bürgentscheid für die baulichen Veränderungen gestimmt wurde." In einem zweiten Bürgerentscheid sei das Vorhaben aber abgelehnt worden. "Ich frage mich, wie so etwas überhaupt möglich ist und wie es zu dem zweiten Bürgerentscheid kommen konnte", so der 62-jährige Brucker. Schließlich diskutiere man andernorts überall darüber, wie man den Verkehr aus der Stadt hinaus verlagern könne.

Gefährlicher Steg

Gerade in der kalten Jahreszeit sei der Silbersteg ein gefährliches Terrain, bemängelt Peter Lichtinger. Dann sei es nämlich häufig feucht oder glatt und an den Handläufen könne man sich nicht richtig festhalten. Eine Überdachung des Silberstegs halte er für eine mögliche Lösung des Problems. Außerdem falle ihm häufig auf, dass viele Fußgänger auf der Straßenseite an der Leonhardi-Kirche vorbeigehen, wo es keinen Bürgersteig gibt. Die vorbeifahrenden Autos müssen häufig abrupt abbremsen oder weichen sogar auf die Gegenfahrbahn aus. Wieso sie nicht den schmalen Durchgang, der hinter der Kirche entlang führt, verwenden sei ihm nicht klar. "Das ist ein kleiner Umweg von 15 Metern, aber ich bin damit auf der sicheren Seite", so der 72-Jährige. Eventuell würde das Aufstellen eines Hinweisschildes schon etwas an der Situation ändern, regt er an.

Schmutzende Birken

Luise Malucha sind die beiden großen Birken, die vor ihrem Grundstück in der Bahnhofsstraße stehen, ein Dorn im Auge. Das ganze Jahr über habe sie mit den Pollen, den Blütenkätzchen und dem Laub zu kämpfen. "Es sind wunderschöne Bäume für einen Park, aber in einem Wohngebiet machen sie schlichtweg zu viel Dreck." Die 94-jährige ärgere sich darüber, dass auf dem Klosterareal so viele schöne alte Bäume entfernt wurden, die Birken hingegen seien geblieben. Auch Christian Christner kennt dieses Problem. In der Abt-Führer-Straße, wo er wohnt, müsse man sich auch regelmäßig über die Verschmutzung durch Birken ärgern. Die Bäume stünden zwar in der Buchenauer Straße, der Wind wehe Laub und Pollen aber ständig auf die umliegenden Grundstücke. Beide finden, die Bäume sollte die Stadt entfernen.

Mehr Ateliers

Die leer stehenden Räume im Kloster Fürstenfeld würden sich hervorragend eignen, um Ateliers einzurichten, findet Hans-Joachim Seitz. Als Architekt habe er großes Interesse daran, an der Planung mitzuwirken. Wie immer stelle sich aber auch hier die Frage, wie das Vorhaben finanziert werden könne. Zudem sei ihm auch die Umgestaltung des Viehmarktplatzes ein Anliegen. "Beispielsweise könnten dort Skulpturen aufgestellt werden oder mindestens ein Brunnen", regt der 68-Jährige an.

Parkgebühren

Trude Hofmann ärgert sich darüber, dass die Parkgarage unter dem Geschwister-Scholl-Platz oft zugeparkt ist. Offenbar nutzten dort viele Pendler, die mit der S-Bahn nach München fahren, die Gratisparkplätze. "Vor allem an Freitagen ist alles vollgeparkt." Wenn Parkgebühren eingeführt werden, so wie an der Park-and-Ride-Anlage am Fürstenfeldbrucker S-Bahnhof, dann werde sich das wohl ändern. Zu klären wäre aber, ob solche Gebühren sowohl für den städtischen Teil der Tiefgarage als auch für den Teil, der zum AEZ gehört, eingeführt werden könnten. Daran, dass die erste Stunde auf vielen Plätzen mit Parkscheinautomaten gratis ist, würde Trude Hofmann zwar gerne festhalten. Schließlich nutzt sie die sogenannte "Semmeltaste" auf dem Viehmarktplatz, wenn sie ein Fitnessstudio in der Nähe besucht. Parkgebühren würden sie aber auch nicht abschrecken.

Aicher Dilemma

Ute Krusche findet es äußerst bedauerlich, dass es in einem Ortsteil wie Aich praktisch keinen Laden mehr gibt, in dem man Milch oder andere Waren des täglichen Bedarfs gibt. Wer dort wohne und kein Auto habe, der sei ziemlich aufgeschmissen. "Und Busse fahren am Wochenende auch nicht."

Kinosterben

Elisabeth Bäck-Degendorfer macht sich Sorgen, dass der Stadt die Erzieher ausgehen. Ob die Stadt denn geeignetes Personal nicht durch das eine oder andere "Zuckerl" anlocken können, fragt sie. So gebe es doch die Möglichkeit, über die Ballungsraumzulage steuerfreie Gutscheine im Wert von bis zu 44 Euro pro Monat auszugeben, beispielsweise fürs Tanken. Elisabeth Bäck-Degendorfer warnt vor einer weiteren Entwicklung: der schrittweisen Verödung der Innenstadt, die vom Westen der Stadt abgehängt zu werden drohe. "Jetzt hat auch noch das Kino an der Maisacher Straße zugemacht, das ist wirklich schade." Angebote gebe es mit den Scala-Kinos nun nur noch im Westen. "Früher gab es das Capitol, die Amperlichtspiele und das Mozartkino. Alles geschlossen. Ich möchte aber zu Fuß ins Kino gehen können." Bei der Kleinkunst oder Tanzmöglichkeiten in Gaststätten setze sich dann das Bild fort. "Weil hier nicht viel geboten wird", fahre die Jugend eben lieber gleich nach München. Ob die Stadt da viel machen kann, weiß Elisabeth Bäck-Degendorfer auch nicht. Aber in einem anderen Bereich, da ist sie sich sicher, könnte man doch mehr machen: Es gibt zu wenig Radwege und zu wenige sichere Straßenübergänge vor allem für die Schulkinder. "Die Politiker sollten mehr auf uns erfahrene ältere Menschen und auch auf die Schulen hören und nicht erst Ampeln an Gefahrenstellen aufstellen, wenn etwas passiert ist", sagt sie. Fahrradfahrer sollen aber auch keinen Freibrief haben: Wer beispielsweise auf dem Fußweg fährt oder über den Zebrastreifen, den solle die Polizei zwar nicht gleich bestrafen, aber zumindest "deutlich" auf seine Verfehlung hinweisen.

Stadtplanung

Konrad Englschalk ist Brucker Unternehmer, er ist der Chef mehrerer Schuhgeschäfte. Und er mahnt eine stärker auf ökonomische Aspekte ausgerichtete Stadtplanung an. "Denn was nützten große Projekte, wenn die Kunden abwandern?" Das bedeutet auch eine ausreichende Versorgung mit Parkplätzen. Und Konzepte wie den angedachten Citybus hält er für eher kontraproduktiv. Die Stadt verfüge bereits über ein gute Infrastruktur, etwa im schulischen Bereich, und solle sich lieber darum kümmern, beispielsweise im Fliegerhorst die Bedingungen für hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen.

Orientierungshilfe

Die Welt ist unübersichtlich geworden, nicht bloß bei großen letzten Fragen, sondern in Alltagsdingen. Die Verantwortung werde auf die Verbraucher abgewälzt, die rundum informiert sein sollen, klagt Gerhard Schinke. "Ich bin es leid, mich dauernd autodidaktisch zum Experten für alles zu machen", sagt der pensionierte Deutsch- und Religionslehrer. So bezieht er seinen Strom von den Stadtwerken Fürstenfeldbruck und wünscht sich eine Orientierungshilfe über die Tarife der verschiedenen Anbieter, insbesondere, wenn wieder eine Preiserhöhung ansteht.

© SZ vom 26.11.2013/fzg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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