Streit um Stadterhebung:Gröbenzeller CSU ist tief gespalten

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Nach dem Zoff um die Stadtpläne brodelt es in der Gröbenzeller CSU. Im Mittelpunkt der parteiinternen Kritik: der Führungsstil von Bürgermeister Rubenbauer.

G. Eisenkolb

Im Streit um die Stadterhebung der Gemeinde Gröbenzell sind auch seit längerer Zeit bestehende, massive Verwerfungen innerhalb des CSU-Ortsverbandes sichtbar geworden. Parteiinterne Kritiker rügen den Führungsstil von Bürgermeister Dieter Rubenbauer und dessen Abhängigkeit von seinem Stellvertreter Walter Strauch, der ebenfalls der CSU angehört.

Im Mittelpunkt der parteiinternen Kritik: Bürgermeister Rubenbauer und sein Stellvertreter Strauch. (Foto: region.ffb)

Plötzlich gilt auch der Ortsvorsitzende Thomas Eichler als führungsschwach. Angesprochen wird aber auch der Fraktionszwang, unter dem die CSU-Gemeinderatsmitglieder stehen und die mangelnde Bereitschaft der Christsozialen, sich auf eine offene Debatte mit den Bürgern über die Möglichkeit einzulassen, eine Stadt zu werden.

Was viele Parteimitglieder nicht mehr nachvollziehen können, ist das Verhalten der beiden Bürgermeister Rubenbauer und Strauch sowie des Fraktionsvorsitzenden Thomas Breitenfellner, die auf der gleichen Linie liegen und der Fraktion und dem CSU-Ortsverband die Richtung vorgeben sollen. Auf diese drei konzentrieren sich auch die Kritiker, weil sie es waren, die die CSU auf die Ablehnung einer Bürgerbefragung eingeschworen haben.

Rubenbauer, Strauch und Breitenfellner werden unter anderem "Wahrnehmungsstörungen" vorgeworfen, es heißt, sie hätten Fehler gemacht und die Situation in der Gemeinde falsch eingeschätzt. Ohne Not habe sich die CSU mit der Entscheidung gegen eine Bürgerbefragung von der Rolle des Handelnden in die des Getriebenen zwingen lassen.

Strauch relativiert die Auseinandersetzungen. Er spricht von nur vier bis fünf Mitgliedern, die dem Ortsverband das Leben unnötig schwer machen würden. Damit müsse man in einer lebendigen Partei auskommen. Der Bürgermeister-Stellvertreter weist aber auch darauf hin, dass es Schmerzgrenzen gebe, diese sei seiner Meinung nach fast schon erreicht.

Zu den wenigen Mitgliedern, die sich trauen, die aktuelle Misere ihres Ortsverbands offen ansprechen, gehört der ehemalige Gemeinderat Anton Kett. Laut Kett setzt sich Rubenbauer zu wenig von seinem Stellvertreter Strauch ab. Der Ortsvorsitzende sei zudem schwach und zu abhängig von der Fraktion. Da dem Ortsverband eine eigene Meinung und ein eigenständiges Denken fehlten, vermisst Kett das die Kommunalpolitik normalerweise belebende natürliche Spannungsverhältnis zwischen der Gemeinderatsfraktion und dem Ortsverband. Als Partei sei die Gröbenzeller CSU zu sehr von Einzelpersönlichkeiten geprägt, die vor allem sich selbst sehen würden.

Die Ablehnung einer Bürgerbefragung bezeichnet Kett als eine "vertane Chance", mit dem Bürgern ins Gespräch zu kommen. Parteien, die so handelten seien selbst schuld, wenn ihnen misstraut werde. Ketts Rat lautet: Die CSU sollte sich aktiv einschalten, Meinungsfreiheit zulassen, auch intern, und letztlich die Entscheidung über die Stadterhebung für die Gröbenzeller freigeben. Dem Ersten Bürgermeister wirft Kett zudem vor, nicht über genügend Durchsetzungskraft zu verfügen und den Eindruck zu erwecken, er sei nur der verlängerte Arm seines Stellvertreters Walter Strauch.

In einem vor wenigen Tagen veröffentlichen Leserbrief, rechnet auch der stellvertretende CSU-Ortsvorsitzende Detlef Arzt mit der Gemeinderatspolitik ab, allerdings ohne auf die spezielle Situation in der CSU einzugehen. Er spricht darin von "Größenwahn" und von einer Gemeinderatsentscheidung, die erkennen lasse, dass den Politikern die Meinung der Bürger "piepegal" ist. Nach SZ-Informationen gilt Arzt, der lange selbst in Gröbenzell Ortsvorsitzender war, als treibende Kraft der intensiven, parteiinternen Debatte über die Lage der CSU und die Stadterhebung.

Joachim Netschert, seit 42 Jahren Mitglied der CSU und früher im Gröbenzeller Ortsvorstand, gehört zum Kreis der Initiatoren des Bürgerbegehrens. Es sagt, er sei der Überzeugung, dass die Mehrheit der Gröbenzeller CSU-Mitglieder gegen die Stadterhebung gewesen wären, wenn sie denn gefragt worden wären. In der CSU würden die Meinungen in dieser Frage so weit auseinander gehen wie in der Bevölkerung auch. Eine solche Situation könne man nur von innen heraus verändern. Deshalb werde er seiner Partei treu bleiben.

Was die Abweichlerin sagt

Gisela Schneid stimmte als einzige CSU-Gemeinderätin in der Frage der Bürgerbeteiligung mit Martin Runge von den Grünen und gegen ihre eigene Fraktion ab. Sie berichtet von einer Spaltung des Gröbenzeller CSU-Ortsverbands. Es gehe ein Schnitt quer durch die Partei, sagt Schneid. Es gebe zurzeit mehrere, aber mindestens zwei Fraktionen, die in der Frage der Stadterhebung konträre Meinungen vertreten. Ansonsten meinte die Christsoziale, zu vielen Dingen, die intern abliefen, habe sie ein gewisses Informationsdefizit. Wegen anderer Verpflichtungen, beispielsweise als Stellvertreterin des Landrats, könne sie die Fraktions- und Gemeinderatssitzungen nur sporadisch besuchen.

Schneid bestätigte, ebenso wie die SZ aus vertraulichen parteiinternen Quellen erfahren zu haben, dass es eine Absprache zwischen Rubenbauer und Strauch geben soll: Nach dieser Vereinbarung soll der Bürgermeister-Stellvertreter in der Mitte seiner Amtszeit, also nach drei Jahren, zurücktreten. Laut Schneid wäre eine solche Absprache rechtswidrig, in Protokollen sei davon nichts zu lesen.Die Situation im Gröbenzeller Rathaus kommentierte die CSU-Gemeinderätin folgendermaßen: "Wir haben zwei Bürgermeister."

Strauch dementiert, dass es so eine Absprache gibt. Er sei für sechs Jahre zum Stellvertreter gewählt worden und er wolle diese Amtszeit "ohne Wenn und Aber" ausfüllen. Mit dem Ersten Bürgermeister arbeite er harmonisch zusammen. Es gebe keine Diskrepanzen. Zwischen ihn und Rubenbauer passe kein Blatt Papier. Da er seit 26 Jahren dem Gemeindrat angehöre, verfüge er zudem über viele Erfahrungen. Fehler würden alle machen, sagt Strauch, er selbst lasse sich bisweilen provozieren.

© SZ vom 02.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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