SPD:Schockiert von der Parteispitze

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Gespräch über das Chaos an der Spitze: Gesine Schwan (Mitte) im Kreis von SPD-Politikern. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Parteibasis übt an Martin Schulz ebenso Kritik wie am Umgang mit ihm

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Vom "Schulz-Drama" ist die Rede. Man hört dieser Tage Äußerungen wie: "Ich war erschrocken", oder gar "schockiert", wenn man sich mit SPD-Mitgliedern über die Zeit nach der Wahl, vor allem aber über die letzte Woche vor dem Aschermittwoch unterhält. Äußerst prominent hat dazu Olchings Bürgermeister Andreas Magg seine Meinung beim politischen Aschermittwoch der SPD in Gernlinden mit Gastrednerin Gesine Schwan kundgetan: "Wenn ich in meinem Rathaus so arbeiten würde, das wäre eine Katastrophe. Das kann doch auf Bundesebene wirklich nicht sein", schimpfte er unter dem begeisterten Applaus der rund 200 Zuhörer. Magg sagte, er sei "fassungslos, wie wir in den letzten Wochen öffentlich und in den Medien dastehen". Damit bezog er sich in erster Linie auf den Zeitraum nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen.

Das Debakel um den Nicht-mehr-Vorsitzenden Martin Schulz, der sich am einen Tag zum künftigen Außenminister erklärt, um das am nächsten Tag wieder zu revidieren, hat die Genossen in ihrer sozialdemokratischen Seele erschüttert. Denn so sollte man nicht mit anderen Menschen umgehen, schon gar nicht, wenn sie der selben Partei angehören. Wobei sich die Kritik nicht nur gegen Schulz richtet, der mit seinem Alleingang den derzeit sehr beliebten Sigmar Gabriel aus seinem Amt katapultiert hat. Die Kritik geht auch an die gesamte Führungsspitze, die Schulz nicht daran gehindert hat, so zu agieren.

"Wir sind ein bisschen schockiert, was da in den letzten Wochen in der Partei passiert ist", bekennt Christian Knudt. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Jusos im Unterbezirk Fürstenfeldbruck. Und Jonathan Grundmann, der Juso-Chef im Landkreis, moniert an den Genossen auf Bundesebene, "dass es an Fairness in der Diskussion fehlt". In erster Linie bezieht er sich dabei auf Kommentare in den sozialen Netzwerken. Aber beide finden auch die personellen Querelen um Schulz und Gabriel in der vorigen Woche unmöglich. Man habe Schulz "hinterlistig rausbefördert", findet Grundmann und resümiert: "Das war alles wie eine schlechte Sitcom, die letzten Tage."

Ein wenig verhaltener, aber inhaltlich mit ähnlicher Kritik, formuliert es Marianne Meskendahl-Münch. Als Frau des langjährigen SPD-Kreisrates Alfred Münch steht sie der SPD unweigerlich nahe. Schulz' Vorstoß in Richtung Außenministerium bewertet sie allerdings deutlich weniger kritisch als die Jusos. Sie sieht darin einen nicht zu kritisierenden Alleingang, vielleicht habe er "zu wenig nachgedacht, vielleicht auch zu emotional" agiert. Sie selbst sei über die überraschenden Wendungen der letzten Tage durchaus verwundert gewesen. Doch auf die Frage, ob die SPD-Führung Schulz nicht auch vor seinem Alleingang hätte schützen müssen, antwortet Meskendahl-Münch vieldeutig: "Ich denke, dass sich in der Partei nicht alle lieben."

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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