Sozialdienst:Aufnahmestopp wegen Pflegermangel

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Der Oekumenische Sozialdienst in Gröbenzell findet seit einem halben Jahr kein neues Personal und zieht nun die Konsequenzen. Auch andere Einrichtungen berichten von Problemen

Von Ariane Lindenbach, Gröbenzell

Pflegenotstand in der Gartenstadt: Der Oekumenische Sozialdienst Oeks schlägt Alarm, weil er keine Pflegekräfte mehr findet. Es fehle etwa ein Viertel des nötigen Personals, derzeit können keine neuen Patienten aufgenommen werden. "Wir könnten sofort drei bis vier Krankenschwestern einstellen", sagt Winfried Bauer. Der langjährige Vorsitzende des Sozialverbandes vermutet als Gründe unter anderem die rasant steigenden Mieten sowie die Nähe zu München, wo Pflegekräfte oft deutlich attraktivere Arbeitsangebote bekommen würden. Weniger Probleme mit der Personalgewinnung haben offenbar größere Einrichtungen wie Pflegeheime oder die Kreisklinik, die allerdings auch neue Wege beschreiten wie zum Beispiel eine Prämie an die Mitarbeiter für die erfolgreiche Vermittlung neuer Kollegen.

Fachkräftemangel und unbezahlbare Mietwohnungen sind nur zwei Faktoren, die die Situation erschweren. Auch die Überalterung in Deutschland trägt dazu bei. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung gehört die deutsche Gesellschaft zu den ältesten auf der Welt. Das Durchschnittsalter lag 2010 bei 44 Jahren, weltweit dagegen bei 29 Jahren. Auch in Gröbenzell ist diese Entwicklung seit vielen Jahren immer wieder ein Thema; schon seit 15 Jahren gibt es den Asig (Arbeitskreis Senioren in Gröbenzell) Nachfolger des 2002 aufgelösten Seniorenbeirates.

Dennoch ist es nun so weit gekommen, dass die größte soziale Einrichtung am Ort, die unter anderem auch Patienten im Betreuten Wohnen an der Gröbenbachstraße betreut, einen Aufnahmestopp für Patienten verhängen musste. Die Personalsituation sei aus verschiedenen Gründen angespannt, sagte der Oeks-Vorsitzende unlängst im Gemeinderat und appellierte an die Gemeinde "schnellstmöglich Sozialwohnungen oder anderen bezahlbaren Wohnraum" zu schaffen.

114 Patienten betreut der Oekumenische Sozialdienst außerhalb seiner eigenen vier Wände. Dafür hat er derzeit zehn Pflegekräfte und sieben Pflegehelfer zur Verfügung. Wie Bauer erläutert, sind alle weiblich, viele arbeiten nur Teilzeit, da sie alleinerziehend sind, was das Problem des zu geringen Verdienstes für die teuren Mieten weiter verschärft. "Das Problem mit den Krankenschwestern ist schon ein halbes Jahr alt", viele langjährige Pflegekräfte seien in Rente gegangen. Und man habe keinen Ersatz gefunden. Wie Bauer unterstreicht, kann der Oeks keine Spitzengehälter zahlen. Die Konkurrenz der Münchner Arbeitgeber ist groß und diese sind oft finanziell deutlich besser aufgestellt.

"Gutes Personal zu finden, das langfristig bleibt, war schon immer schwierig", sagt Silvia Große. Die Assistentin der Einrichtungsleitung im evangelischen Pflegezentrum in Eichenau betont, dass "wir schon sehr vorbeugend aus den eigenen Reihen Pflegekräfte aufbauen", etwa durch die Qualifikation von Pflegehelfern.

Zudem arbeite man mit Mitarbeitern aus diversen EU-Ländern sowie aus dem ehemaligen Jugoslawien. Nach Großes Einschätzung würde mehr Gehalt wenig helfen. Viele Kollegen würden vor allem einen attraktiven Arbeitsplatz bevorzugen.

Das Kommunalunternehmen Kreisklinik Fürstenfeldbruck/Seniorenheim Jesenwang suche laufend Pflegekräfte, "wobei sich die Suche zunehmend schwieriger gestaltet", wie eine Sprecherin betont. Dort läuft die Personalgewinnung mehrgleisig, neben der Ausbildung - die auch auf der Ausbildungsmesse Vocatium beworben wird - gibt es eine Prämie, Hilfe bei der Wohnungssuche, der Berufsanerkennung oder bei Sprachkursen sowie die Anwerbung von ausländischen Mitarbeitern über Kollegen.

Marlene Gnam ist bei der Personaleinstellung sehr offensiv. "Wenn eine gute Fachkraft sich bewirbt, muss man sie einfach nehmen", sagt die Geschäftsführerin der Nachbarschaftshilfe Fürstenfeldbruck/Emmering. Rente, Schwangerschaft oder längere Krankheiten würden immer wieder zu Ausfällen führen, sodass ihre zwölf Vollzeitkräfte praktisch noch nie unterbeschäftigt waren. "Früher war die Haltung noch anders, da hatte man einen Stellenplan und danach hat man eingestellt", aber diese Einstellung habe sich in den letzten Jahren gewandelt.

© SZ vom 17.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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