Schachturnier:So viele Teilnehmer wie noch nie

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Das Schnellschachturnier "Brain-Games" des TuS Fürstenfeldbruck. (Foto: Johannes Simon)

Beim Schnellschachturnier des TuS Fürstenfeldbruck fallen vor allem viele Spieler auf, die keinem Verein angehören. Bester Brucker ist der 84-jährige Hans-Joachim Hecht.

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Im Endspiel wird Schnellschach zum Blitzschach. Dabei spielt bei den "Brain Games"-Turnier in der Brucker Marthabräuhalle jugendliche Forschheit gegen jahrzehntelange Schacherfahrung. Maria Tsakona zwingt Hans-Joachim Hecht das Zeitspiel auf. Er hat noch eine Minute Bedenkzeit, sie noch über zwei. Die 16-jährige Griechin, die für den Münchner Schachclub (MSC) spielt, schiebt im Sekundentakt ihre schwarzen Figuren auf dem Schachbrett hin und her, der Brucker Großmeister, 84 Jahre alt, reagiert schnell, trotzdem scheint Tsakonas Taktik aufzugehen, denn Hecht verbleiben etwas später nur noch 29 Sekunden Bedenkzeit.

Hans-Joachim Hecht, Schach-Großmeister aus Fürstenfeldbruck. (Foto: Johannes Simon)

Schafft es Hecht nicht in dieser Zeit zu gewinnen, hat er verloren. Weiter geht die wilde Fahrt auf dem Schachbrett, schon stehen viele Kiebitze um den Tisch herum. Doch wenig später macht Tsakona einen gravierenden Fehler und setzt sich quasi selbst schachmatt. Hecht lächelt zufrieden, 23 Sekunden vor Schluss hat er gewonnen und liegt nach vier Anfangssiegen gut im Rennen. "Die schweren Gegner kommen noch", wehrt er frühe Glückwünsche ab.

So kommt es dann auch, nach neun Partien belegt der "Altmeister" von der Schachabteilung des TuS Fürstenfeldbruck Platz 13, Tsakona erreicht den 27. Rang unter 199 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie ist damit beste weibliche Schachspielerin des Schnellschachturniers. Titelverteidiger Maximilian Berchtenbreiter aus Karlsfeld wird diesmal Zweiter und muss Jonas Rosner aus Ettlingen bei Karlsruhe den Vortritt bei der 600-Euro-Siegprämie lassen. Er konnte 300 Euro und Matthias Becker (MSC) als Dritter eine 200-Euro-Prämie mit nach Hause nehmen.

Titelverteidiger Maximilian Berchtenbreiter (links) und Schiedsrichter Hans Brugger. (Foto: Johannes Simon)

Jeweils nur 15 Minuten Bedenkzeit pro Partie stellt auch die besten Denkakrobaten vor gewaltige Herausforderungen, dauern doch übliche normale Schachpartien drei bis sechs Stunden. "Im Schnellschach kann ich einen Fehler besser korrigieren", sagt Maximilian Berchtenbreiter, der sich selbst als Spezialist für dieses Kurzschach bezeichnet. "Und Spieler mit einer versierten Spezialeröffnung sind im Vorteil."

Der 28-jährige Historiker, der für den Münchner Schach-Bundesligisten MSC spielt, konnte die ersten sechs Partien gewinnen, in der siebten Runde verlor er gegen den späteren Turniersieger Jonas Rosner. Trotzdem herrschte vor der letzten Runde noch Gleichstand zwischen den Kontrahenten, die beide den Titel Internationaler Meister führen. Doch dann spielte Berchtenbreiter Remis, Rosner gewann seine neunte Partie und lag mit einem halben Punkt in der Gesamtwertung vorne.

Nur 15 Minuten Bedenkzeit hat man beim Schnellschach - pro Partie. (Foto: Johannes Simon)

Die Schachakteure des Veranstalters TuS Fürstenfeldbruck landeten bis auf Hecht im Mittelfeld oder auf hinteren Plätzen. Dafür erfreuten sich TuS-Präsident Helmut Becker und Dauersponsor Thomas Hirn, Immobilienunternehmer mit großer Schachleidenschaft, bei der neunten Auflage des Turniers am Rekordteilnahme-Ergebnis von exakt 199 Teilnehmern.

Jeder Tisch in der Halle war von angestrengten Denksportköpfen belegt, die etwa sieben Stunden konzentriert sein mussten. Offenbar ist die Lust auf Präsenzschach nach Corona wirklich riesengroß. "Ganz erstaunlich ist, dass 40 vereinslose Spielerinnen und Spieler dabei sind", sagte Turnierleiter Stanley Yin. Die habe er noch nirgends gesehen. Besonders die Altersklasse 20 bis 30 sei mit über 30 Spielern noch nie so gut vertreten gewesen.

Maximilian Berchtenbreiter ist als Internationaler Meister im Schach eine Stufe unter dem Großmeister angekommen, dem höchsten Rang in diesem Sport. Der Großmeistertitel verschafft im Schach einige Vergünstigungen. So fallen Teilnahmegebühren weg, hie und da wird man zu internationalen Turnieren eingeladen und die Reisekosten werden bezahlt. Um Großmeister zu werden, müsste Berchtenbreiter noch einige hochklassig besetzte Turniere spielen und vor allem gegen mitspielende Großmeister gewinnen.

Dafür fehlt dem Familienvater - seine Ehefrau erwartet das zweite Kind - die Zeit, zumal er seine Doktorarbeit zu Ende schreiben muss. Die beschäftigt sich damit, wie konservative Politiker mit dem Medienwandel umgehen, am Beispiel von Edmund Stoiber. Übrigens die Schachwelt ist klein: Hauptschiedsrichter beim Turnier ist Hans Brugger gewesen, der hat Berchtenbreiter und Frau als Standesbeamter im Allgäu getraut.

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