Puchheim:In Verteidigungsstellung

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Der Kreisobmann des Bauernverbandes diskutiert mit dem Umweltbeirat - auch über Glyphosat

Von Peter Bierl, Puchheim

Die Landwirte sehen sich mal wieder ungerechtfertigt an den Pranger gestellt von Leuten, die keine Ahnung haben oder sich an die eigene Nase fassen sollten. So jedenfalls bewertet Georg Huber, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), die aktuelle Betroffenheit über Insekten- und Vogelsterben sowie den Einsatz von Glyphosat. Er räumt einerseits ein, dass "etwas schiefgelaufen ist", dass Insekten, insbesondere Bienen, gebraucht würden, und man vom Glyphosat die Finger lassen sollte. Aber andererseits verlangten Verbraucher und Politiker von den Bauern seit Jahrzehnten vor allem eines: Nahrungsmittel in großer Menge und billig.

Der Puchheimer Umweltbeirat hatte Huber eingeladen, um sich über das konfliktreiche Verhältnisse von Umweltschutz und Landwirtschaft auseinanderzusetzen. Der Kreisobmann kam zur Sitzung am Dienstag, stellte sich den Fragen, fühlte sich aber von Anfang an in einer Verteidigungshaltung. Er selber verzichte seit mehr als vier Jahren auf Glyphosat, einfach weil er es nicht brauche, erzählte Huber, der einen Hof in Puchheim-Ort bewirtschaftet. Auf den hiesigen kleinen Flächen sei der Boden in der Regel überall von gleicher Güte, ein Einsatz des Giftes daher sinnlos, außer wenn der Acker völlig verkrautet sei. Im ganzen Landkreis werde Glyphosat "fast gar nicht" eingesetzt.

Und auf seinem Grund habe er auf acht Flächen mit insgesamt 1,4 Hektar längst Blühstreifen für Insekten angelegt. Das sei aufwendig und teuer, aber er rede Kollegen zu, durchaus mit Erfolg. "Es tut sich was, wir sind aktiv", versicherte Huber. Wenn er jedoch durch die Ortschaften gehe, sehe er Gärten mit getrimmten Rasen, die nicht bloß fünfmal wie in der Landwirtschaft, sondern 20 mal gemäht würden und wo garantiert nichts blühe. "Da gibt es viel Potenzial", betonte der BBV-Kreisobmann. Umweltbeirat Franz Hany, früher Verwalter von Gut Harbeck, sprang ihm bei. Er erinnerte daran, dass die Stadt Puchheim einen Golfplatz mit 45 Hektar genehmigt habe. "Dort wird Stickstoff gespritzt, damit es schön grün ist, da lebt keine Feldmaus und kein Regenwurm mehr und da ist kaum noch ein Vogel draußen", rügte Hany. Auch Kritik wegen "Vermaisung" der Landschaft wies Huber zurück. "Das ist doch ein geschlossener Kreislauf mit organischen Resten und Gülle, die dem Boden wieder zugeführt werden", erklärte Huber. Er selbst produziert Mais, der zu Flocken für Hundefutter verarbeitet wird. Erosion gebe es, räumte er ein, aber nur bei Hanglagen und durch Starkregen. Man müsse eben Zwischenfrüchte anbauen. "Das schützt vor Erosion und liefert Nahrung für die Regenwürmer."

Ein großes Problem aus Sicht der Landwirte sind Vorgaben, etwa der EU. Verzichte der Bauer auf einen Acker und stellt die Fläche als Wiese zur Verfügung, etwa in Trinkwasserschutzgebieten oder als Schutzstreifen für Gewässer, bestünde die Gefahr, dass er die Fläche nie wieder als Acker benutzen könne, so Huber. Deshalb würde manche Wiese alle fünf Jahre umgebrochen, um den Ackerstatus zu wahren. Darum reagierte Huber ablehnend auf den Vorschlag von Manfred Sengl (Grüne), dem Vorsitzenden des Beirates, die Kommune könnte Schutzstreifen entlang der Bäche und Gräben pachten, etwa am Gröbenbach, um daraus blühende Wiesen zu machen. "Wenn die Stadt nach zehn Jahren sagt, dafür haben wir kein Geld mehr, dann ist daraus ein Biotop geworden, und das Landratsamt verwehrt uns den Ackerbau", wandte Huber ein. Die Bauern würden deshalb finanzielle Anreize favorisieren, aber gesetzliche Auflagen scheuen, die ihr Eigentum beschränken.

In der Direktvermarktung sieht Huber kein Allheilmittel für die Landwirtschaft. Drei solcher Betriebe existierten im Altdorf von Puchheim. "Meins wäre das nicht, der Arbeitsaufwand ist immens." Außerdem funktioniere Direktvermarktung nur in Stadtnähe, etwa in Puchheim oder Alling, auf dem Land fehle dafür einfach die Nachfrage.

© SZ vom 30.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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