Preisverleihung:Ökologie, die sich lohnt

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Die Firma Sykam wird als "Blühender Betrieb" ausgezeichnet. Von der naturnahen Gestaltung der Freiflächen profitieren nicht nur Tiere und Pflanzen, sondern auch Mitarbeiter und das Unternehmen selbst

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Als erster Betrieb im Landkreis Fürstenfeldbruck hat die Firma Sykam Chromatographie die Urkunde "Blühender Betrieb" des Blühpakts Bayern erhalten. Bei der Übergabe am Dienstag lobten unter anderem Landrat Thomas Karmasin, die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler und der Brucker Oberbürgermeister Erich Raff (alle CSU) die Sykam und ihren Geschäftsführer Karl-Heinz Jansen für das Engagement. Sie hofften, sagten sie, dass möglichst viele Firmen dem Beispiel der Fürstenfeldbrucker Analytik-Firma folgen und ihre Gelände naturnah und insektenfreundlich gestalten werden.

Die Stadt soll aufblühen. (Foto: Leonhard Simon)

Mit dem Blühpakt will der Freistaat "die Insektenvielfalt fördern und die Natur wieder vielfältiger und leistungsfähiger machen", erklärt Dagmar Schmitt vom Umweltministerium. Für Jansen ist das ein Herzensanliegen. "Ökonomie kann langfristig nicht ohne Ökologie erfolgreich sein. Wir können nicht erfolgreich sein - wir können auch nicht überleben", sagt er. Der blühende Betrieb "ist uns ein Bedürfnis. Die Harmonie zwischen Arbeitsplatz und Natur erfreut uns, gibt uns Ruhe, Kraft und Ausgeglichenheit". Die naturnahe Gestaltung des Firmengeländes habe sich positiv auf den Teamgeist ausgewirkt, es sei einfacher geworden, neue Mitarbeiter zu finden. Auch ökonomisch lohne sich das: "Umweltmaßnahmen geben Boni-Punkte bei öffentlichen Ausschreibungen. Das heißt, wir dürfen auch ein wenig teurer sein, um den Zuschlag zu erhalten." Verkaufsgespräche seien im Grünen nicht nur angenehmer, sondern auch erfolgreicher. Die grüne Infrastruktur nutzt die Firma inzwischen sogar, um neue Geschäftsfelder zu erschließen.

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(Foto: Leonhard Simon)

Dagmar Schmitt (rechts) überreicht Karl-Heinz Jansen (Mitte) die Blühpakt-Urkunde. Thomas Karmasin (von links), Katrin Staffler, Margit Pesch, Stadtrat Andreas Lohde und Erich Raff gratulieren.

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(Foto: Leonhard Simon)

Viele Gäste bewundern die naturnahen Freiflächen der Firma Sykam.

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(Foto: Leonhard Simon)

Dort leben unter anderem Honigbienen in Stöcken und auch Mauerbienen.

Es leben dort Honigbienen in Stöcken und auch Mauerbienen. Die Larven der häufigen Wildbienenart überwintern gekühlt und somit sicher im Sykam-Gebäude. Was die Bienen im Sommer an Pollen heim bringen, wird untersucht - so ergibt sich ein Überblick darüber, wie es um die Artenvielfalt um den Standort herum bestellt ist und wie sich die Umwelt verändert. Untersucht werden nicht nur Pflanzen, sondern auch Mikroorganismen, die Bienen schädigen können. Die Firma Sykam entwickelt und produziert seit mehr als 30 Jahren Systeme und Komponenten für die analytische Messtechnik.

Dagmar Schmitt (rechts) überreicht Karl-Heinz Jansen (Mitte) die Blühpakt-Urkunde. Thomas Karmasin (von links), Katrin Staffler, Margit Pesch, Stadtrat Andreas Lohde und Erich Raff gratulieren. Viele Gäste bewundern die naturnahen Freiflächen der Firma Sykam. (Foto: Leonhard Simon)

Auch die Natur profitiert von dem blühenden Betrieb. "Jeder Quadratmeter zählt", erklärt Margit Pesch von "Brucker Land blüht auf" in ihrem Grußwort. In dem Projekt haben acht Gemeinden im Landkreis, der Landkreis selbst und eine Pfarrgemeinde seit 2018 auf ihren Flächen Blühstreifen und -wiesen angelegt. Firmengelände bieten mindestens ebenso große Möglichkeiten.

Deshalb hat der Freistaat Bayern ebenfalls 2018 den "Blühpakt mit der Wirtschaft" aufgelegt, wie Dagmar Schmitt erläutert, die für das Programm zuständig ist und Jansen am Dienstag die Urkunde und das Schild "Blühender Betrieb" überreicht - als 60. Betrieb in Bayern. Die Initiative richtet sich Schmitt zufolge an Unternehmen, aber auch an soziale und öffentliche Einrichtungen. "Dort vorhandene Freiflächen haben enorme Potenziale, um Nahrungsquellen und Unterschlupf für Insekten und andere Tiere anzubieten", sagt sie. "Aus monotonen Freiflächen lassen sich blühende Refugien schaffen, die nicht nur Wildbiene & Co helfen, sondern auch Mitarbeiter motivieren und Kunden und Nachbarn animieren, ebenso tätig zu werden." Schmitt erinnert an die wichtige Rolle der Insekten im Ökosystem: 80 Prozent der Kulturpflanzen werden durch sie bestäubt. Sie halten Schädlinge in Schach und sind Nahrung für Vögel.

(Foto: Leonhard Simon)

Um die Urkunde zu erhalten, müssen mindestens 20 Prozent der Freiflächen naturnah gestaltet werden. Chemische Pflanzenschutzmittel und torfhaltige Substrate dürfen nicht verwendet werden. Teile der Blühfläche dürfen vor dem Winter nicht gemäht werden, damit Insekten und ihre Larven dort geschützt durch die kalte Jahreszeit kommen. Teilehmende Betriebe erhalten noch bis März 2022 eine kostenlose Erstberatung durch Mitglieder des Vereins "Naturgarten".

(Foto: Leonhard Simon)

Für Jansen war das ein wichtiger Input. Von Anfang an war das Unternehmen an der Carl-von-Linde-Straße im Gewerbegebiet Hasenheide-Nord nachhaltig ausgerichtet, als Niedrigenergiehaus, mit Wärmepumpen, Regenwasserzisternen, möglichst geringer Flächenversiegelung, Dach- und Fassadenbegrünung. Auch Blühflächen gab es schon. "Den wirklichen Durchbruch erreichten wir nach der Beratung durch den Blühpakt-Bayern", sagt der Geschäftsführer bei der Urkundenverleihung. Carmen Lefeber vom Naturgarten-Verein kam und erklärte, wie der Betrieb noch naturnäher werden kann, zum Beispiel durch die Verwendung heimischer Pflanzen. Auf dem Gelände entstand unter anderem ein Teich mit einem kleinen Wasserfall, in dem ein Frosch lebt und Vögel baden. Eine Trockenmauer und Totholz bieten allerlei Tieren zusätzliche Lebensräume und Schutz für den Winter. Neben Frosch und Vögeln wurde auch schon eine Ringelnatter gesichtet. Eine kleine Streuobstwiese, eine Spalier-Birne und heimische Stauden runden das Gelände ab, das sich immer noch weiterentwickelt.

© SZ vom 14.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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