Partnerschaft:Die Jahresringe der Liebe

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Die Gnadenkirche will mit ihrer Paar-Oase dazu anregen, sich mit seiner eigenen Beziehung zu beschäftigen

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

In seiner Hand hält Pfarrer Niclas Willam-Singer eine kleine Baumscheibe, hell und gleichmäßig gewachsen. "Eine Beziehung ist doch selten so", sagt er. Willam-Singer steht in der Brucker Gnadenkirche, um ihn herum liegen Dutzende solcher Scheiben, manche mit Riss, manche dunkel und stark, andere hell und fein. Die Hölzer gehören zum ökumenischen Segensgottesdienst, der den Abschluss der Paar-Oase bildet. Die Paar-Oase ist ein Angebot des Brucker-Forums zum Valentinstag, dort sollen Paare an zehn Stationen über verschiedene Aspekte ihrer Beziehung nachdenken und sich austauschen können. Der Nachmittag steht unter dem Motto "Unsere Liebe soll wachsen wie ein Baum".

Der Baum als Symbol der Liebe, das passt gut, findet auch Johannes Sporrer, Pastoralreferent in der Pfarrei Sankt Bernhard. Zusammen mit Willam-Singer und vielen ehrenamtlichen Gemeindemitgliedern hat er den Tag gestaltet. "Auch die Liebe ist etwas, das wächst und sozusagen Jahresringe ausbildet. Mal kleinere mal größere", meint Sporrer. Er deutet auf die Jahresringe an einer der Scheiben: "Schauen Sie, wie schnell der am Anfang gewachsen ist, später werden die Ringe ganz dunkel und dünn." Ein passendes Sinnbild. "Die Leute meinen, die Beziehung ist ein Selbstläufer, aber irgendwann kommt der Alltag", sagt der Pastoralreferent. Es können sich schnell Brüche einschleichen", sagt Sporrer, der mit einem Teil seiner Stelle für Ehe- und Familienpastoral zuständig ist.

Auf bunten Zetteln sind Anregungen und Zitate zum Thema Zwischenmenschliche Beziehung vermerkt. (Foto: Günther Reger)

Einer der wichtigsten Aspekte einer Beziehung sei die Kommunikation, finden die Kirchenmänner. Gerade ihr wird am Sonntag im Gemeindezentrum der Gnadenkirche viel Platz eingeräumt. Die Paare, es sind wenige, die sich gleich zu Beginn eingefunden haben, können die Stationen frei durchlaufen, eine Reihenfolge, einen festen Zeitrahmen gibt es nicht. Karin und Bernhard, die ihre Nachnamen nicht in der Zeitung sehen möchten, sind gekommen, um wieder bewusst Zeit zu zweit zu verbringen. "Uns ist wichtig, dass man mal wieder gemeinsam etwas machen kann", sagt Karin. Bernhard sagt: "Das ist sonst nicht so einfach". Mit den Kindern, dem Job, dem Alltag. Dass sie die Kleinen, während sie sich mit ihrer Beziehung beschäftigen, bei der Kinderbetreuung abgeben können, freut die beiden. "Sonst könnten wir das gar nicht machen", sagt Karin.

Die Paar-Oase findet in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Die Kinderbetreuung gibt es seit diesem Jahr. Man habe aus der Erfahrung gelernt, denn in den vergangenen Jahren seien zwar die Gottesdienste, nicht aber die Stationen gut besucht gewesen. "Wir haben gehört, dass es auch an der fehlenden Kinderbetreuung liegt", erklärt Sporrer. Ob deshalb dieses Mal mehr kommen? Schwer zu sagen, findet Willam-Singer. "Aber wir können nur anbieten. Ich bin niemandem böse, die Leute müssen freiwillig kommen."

Rüdiger und Barbara Heinrich sind zwei der Besucher im Pfarrheim der Gnadenkirche. (Foto: Günther Reger)

Karin und Bernhard betrachten die einzelnen Stationen. In einer der Ecken stehen Liegen mit Herzkissen, Kopfhörern und CDs bereit. Hier lässt sich abschalten und genießen. Gegenüber massiert ein Besucher die Schultern seiner Frau. In einem Körbchen liegen dafür Massagebälle bereit. Das Thema "Erotik in der Bibel" findet direkt in der Gnadenkirche seinen Platz.

An anderen Stationen werden die Liebenden dazu aufgefordert, ihre Gefühle für den Partnern in ein Gedicht zu verpacken und Fragen über den anderen zu beantworten.

Auf einem der Tische liegt ein Rucksack, gefüllt mit Fragen - Sinnbild für das Päckchen, das jeder mit sich trägt: War dein Elternhaus religiös? Wie hast du die Beziehung deiner Eltern erlebt? Fragen, die zum Austausch einladen. "Wie sich ein Baum verändert, verändern auch wir uns. Manchmal in verschiedene Richtungen. Da ist es wichtig, in Kontakt zu bleiben", sagt Willam-Singer. Dafür ist die Paar-Oase ein guter Ort, finden Karin und Bernhard.

© SZ vom 13.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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