Neues Sportangebot:Pingpong gegen Parkinson

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Ping-Pong-Parkinson nennt sich das Projekt, das es jetzt beim FC Puchheim gibt. (Foto: Jana Islinger)

Mit Tischtennis und mehr Bewegung bietet der FC Puchheim Patienten Hilfe an. Damit kann es auch gelingen, die Medikamentendosis zu verringern.

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

An Parkinson erkrankte Menschen müssen etwa alle drei Stunden eine Tablette nehmen, um die Symptome ihrer Krankheit in Grenzen zu halten. "20 Pillen am Tag halten uns am Leben", sagt Jürgen Zender und man spürt sofort, dass er mit der ständigen Medikamenteneinnahme und deren Nebenwirkungen sehr unzufrieden ist. Zender steht in der Sporthalle der Puchheimer Grundschule am Gerner Platz an einer Tischtennisplatte. Mit dem Schläger in der Hand schwärmt er von der Aktion Pingpong-Parkinson (PPP), die jetzt auch den FC Puchheim erreicht hat. Anstatt mit Pillen wird hier mit Tischtennis und mehr Bewegung die Krankheit gelindert.

"Tischtennis bekommt mir gut. Das spart Tabletten", sagt Jürgen Zender. (Foto: Jana Islinger)

Zender ist 65 Jahre alt. Vor vier Jahren bekam er die Diagnose Parkinson. "Wahrscheinlich habe ich die Krankheit schon zehn Jahre lang", sagt er. Der Münchner hat nicht das typische Muskelzittern, aber andere typische Anzeichen der Krankheit, wie Muskelstarre (Rigor) oder Bewegungsarmut (Akinese), die das Gleichgewicht beeinträchtigt und zur gebückten Körperhaltung führt. Die unheilbare Krankheit hat in Deutschland geschätzt 400 000 Menschen ereilt. "Tischtennis bekommt mir gut", sagt Zender und schiebt den kleinen Ball übers Netz. "Das spart Tabletten."

Richard Sonnleitner organisiert die neuen Sportstunden für die Parkinson-Patienten. (Foto: Jana Islinger)

Auf der anderen Seite steht Richard Sonnleitner und bringt den Ball locker zurück. Der 67-jährige Eichenauer ist froh, dass er in der Nähe jetzt Pingpong-Parkinson hat. "Ich weiß um meine Krankheit seit 2015", erzählt Sonnleitner. Er ist bisher in die Münchner Innenstadt zum Jakobsplatz gefahren und hat beim TSV Maccabi München Tischtennis gespielt. "Das Spiel bekommt mir sehr gut", sagt Sonnleitner und klingt zufrieden. Vor mehr als 40 Jahren habe er zuletzt gespielt. Auch er spart Pillen ein. Genauso wie Gerlinde Adam und ein weiterer PPP-Teilnehmer, die aus München gekommen sind und auch den Stützpunkt Puchheim gerne nutzen wollen. Inzwischen bieten sechs Vereine im Raum München PPP an.

Richard Sonnleitner hat die PPP-Organisation beim FC Puchheim übernommen. Anmeldungen gehen an ihn unter ppp-puchheim@fc-puchheim.de. Er ist der Nachbar von Günter Roth. Der hat seit 35 Jahren vor allem Jugendliche im Tischtennis trainiert. "Da ging es immer leistungsorientiert zu", so Roth, "die Vorbereitung auf Wettkämpfe stand im Vordergrund." Jetzt betreibt er als Trainer mit den PPP-Akteuren Gesundheitssport, also Freizeit-Tischtennis. "Das ist eine Umstellung, aber ich schaffe das", meint Roth. Jeden Dienstag und Donnerstag bietet er PPP an. Roth hat sich daran gewöhnt, dass die Spieler nicht immer den Ball kriegen und auch mal stolpern. "Ich versuche die Koordination der Bewegungen zu verbessern", erklärt Roth. "Das klappt gut, auch weil alle große Lust an diesem Spiel zeigen."

Der FC Puchheim gehört jetzt zu den 160 Vereinen in Deutschland - 29 sind es in Bayern - , die PPP anbieten. "Bewegung ist ein probates Mittel gegen viele Erscheinungen von Parkinson", ist auch Traude Mandel vom Vorstand des FC Puchheim überzeugt. Man wolle damit den Teufelskreis aus Nebenwirkungen und Erhöhung der Medikamentendosis durchbrechen. Mandel weist in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf das erfolgreich laufende Bewegungsangebot für Demenzkranke hin. Auch der bei der Vorstellung des PPP-Projekts anwesende Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) würdigte das Engagement des Vereins. "Der FC Puchheim ist ein Sportverein, der über den Tellerrand hinausschaut. Das hat einen großen Wert."

Jürgen Zender hat inzwischen mit allen PPP-Akteuren gespielt. Er hat sich der Verbreitung des Bewegungsangebotes verschrieben. Als Regionalleiter des Projekts geht er immer wieder auf Vereine zu, um sie in das PPP-Boot zu holen. "Das ist auch nicht nur eine Alte-Leute-Krankheit", gibt er nicht nur Betroffenen mit auf dem Weg. Er kenne eine 32-jährige Ärztin und einen weiteren 35-jährige Mann, die betroffen sind. Natürlich schreite diese Krankheit laufend fort, aber die Symptome könnten nachweisbar durch PPP gemildert werden. Seine eigenen Erfahrungen sind ihm Beweis genug: "Neulich habe ich drei Stunden gespielt und keine Symptome gehabt."

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